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Ritter für das Heilige Land

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Seit 1965 gibt es im Bistum Hildesheim Komtureien des Ritterordens vom Heiligen Grab

Vor 50 Jahren gründete die Deutsche Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem eine Komturei, eine Niederlassung im Bistum Hildesheim. Aus der ersten Komturei „St. Altfrid“ gingen 1982 die beiden Komtureien „St. Altfrid“ in Braunschweig und „St. Oliver“ in Hildesheim hervor.
 

Ehrensache: Die Ritter der Komturei St. Oliver begleiten die Reliquien ihres Namenspatrons, des heiligen Oliver Plunkett, bei der jährlichen Wallfahrt in Lamspringe. Foto: Archiv

Die Verehrung des Heiligen Grabes in Jerusalem hat eine lange Tradition. Schon im frühen Mittelalter war das Grab Christi Ziel zahlreicher Pilger. Sie riskierten ihr Leben, um in Jerusalem dem Gekreuzigten und Auferstandenen im Gebet nahe zu sein. Die wachsende Wallfahrtsbewegung ins Heilige Land zu Beginn des 14. Jahrhunderts ist die Wurzel des Pilgerordens der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem. „Wichtig ist dabei, dass dieser Ritterorden erst nach den Kreuzzügen entstanden ist und so keine Altlasten aus der Kreuzfahrerzeit mit sich trägt“, sagt Dr. Engelbert Strake, Leitender Komtur der Komturei St. Oliver in Hildesheim. Damals übertrug der Papst dem Leiter der Jerusalemer Franziskanerniederlassung die Befugnis, adeligen Pilgern den begehrten Ritterschlag am Heiligen Grab zu erteilen.

Diese Ritter schlossen sich in der Heimat zu lockeren bruderschaftsähnlichen Gruppen zusammen. War anfangs nur Adeligen der Ritterschlag vorbehalten, konnten ab Ende des 15. Jahrhunderts auch Nicht-Adelige den Ritterschlag empfangen.

Neubeginn des Ritterordens

Als 1847 das Lateinische Pat­riarchat in Jerusalem wiederhergestellt wurde, übertrug der Papst die Erlaubnis zur Erteilung des Ritterschlags dem Patriarchen und gab 1868 dem Ritterorden als päpstlichem Orden eine feste Struktur und eine Aufgabe. „Die hat sich bis heute nicht geändert. Die Mitglieder des Ritterordens sollen den Eifer für die Verteidigung und Förderung des katholischen Glaubens im Heiligen Land in den Herzen der Menschen entzünden“, gibt Strake Auskunft. Konkret heißt das: Der Orden  unterstützt Bildungs- und Sozialprojekte im Heiligen Land – vor allem in Israel, Palästina und Jordanien.

Ohne Ansehen von Religion und  Volkszugehörigkeit

Genutzt werden die Einrichtungen von Christen, Juden und Muslimen. Konfession, Religion, Hautfarbe oder Volkszugehörigkeit spielen für die Ordensmitglieder keine Rolle. „Wir wollen durch unser Engagement das Zusammenleben der Menschen im Heiligen Land fördern und so zum Frieden im Nahen Osten beitragen“, betont Ordensritter Strake und weist darauf hin, dass sich die deutschen Ordensmitglieder zurzeit Sorgen um die hohe Zahl der christlichen Flüchtlinge machen, die aus Syrien und dem Irak Zuflucht in katholischen Gemeinden in Jordanien gefunden haben. „Dort leben in manchen Ortsgemeinden inzwischen mehr Flüchtlinge als Einwohner.“

Neben dem Bau und der Unterstützung  von Schulen, Hochschulen, Altenheimen, Kirchen, Krankenhäusern und Sozialstationen hat der Orden auch einen Soforthilfefonds eingerichtet. Während über alle Projekte die Ordenszentrale in Rom entscheiden muss, kann über den Soforthilfefonds der Lateinische Patriarch in Jerusalem mit seinen Priestern frei verfügen .So kann unbürokratisch und schnell christlichen Familien oder Einzelpersonen geholfen werden, die in Not geraten sind“, weiß Strake.

Das Jahr 1868 gilt als Gründungsjahr des heutigen Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, in den seit 1888 auch Frauen aufgenommen werden. Sie werden als Ordensdamen oder kurz Damen bezeichnet.
Strukturiert ist der weltweite Orden in Statthaltereien, die jeweils in Ordensprovinzen unterteilt sind. Die kleinste Einheit bilden die örtlichen Komtureien. „Eine solche Komturei gründete die damalige Niedersächsische Ordensprovinz der Deutschen Statthalterei 1965 in Hildesheim. Die Komturei St. Altfrid war die erste im Bistum Hildesheim. Nachdem die Mitgliederzahl stark angewachsen war, wurde 1982 beschlossen, sie zu teilen. So wurden die beiden heutigen Komtureien St. Altfrid Braunschweig und St. Oliver Hildesheim promulgiert“, erläutert der Leiter der Komturei St. Oliver.

Mit Rittercodex fit für das 3. Jahrtausend

Indem Papst Paul VI. 1977 eine neue Fassung der Ordenssatzung  bestätigte, hat er ein neues Kapitel der Ordensgeschichte aufgeschlagen. So heißt es in der aktuellen Satzung: „Im Orden leben die ritterlichen Ideale in neuzeitlicher Form weiter im Geist des Glaubens, des Apostolates und der christlichen Caritas.“
Bei offiziellen Treffen fallen die Ordensritter und Ordensdamen durch ihre Ordenskleidung auf. Die Ritter tragen schwarze Baretts und weiße Mäntel, die Damen schwarze Mäntel mit einem schwarzen Schleier. Auf der linken Seite der Mäntel befindet sich jeweils das Jerusalemer Kreuz, ein fünffaches Kreuz als Symbol für die fünf Wundmale Jesu. Die Kleidung und der Ritterschlag bei der Investitur erinnern ein wenig an das Mittelalter, aber die Ritter vom Heiligen Grab leben im Hier und Jetzt.

„Da hat sich einiges verändert. Vieles geschah früher unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ganz bewusst tritt der Orden heute offener in Erscheinung. Viele Veranstaltungen wie auch das 50-jährige Jubiläum finden in Gemeindegottesdiensten statt. Über Investituren mit Ritterschlag und Einkleidung mit dem feierlichen Gelöbnis wird immer wieder in den öffentlichen Medien berichtet“, berichtet Strake. Damit soll deutlich werden, dass der Ritterorden auch Verantwortung für die Gesellschaft trägt und kein Geheimbund ist.

Der Kardinalgroßmeister, der im Auftrag des Papstes den Orden leitet, hat 1999 Richtlinien zur Erneuerung des Ordens im Hinblick auf das 3. Jahrtausend erlassen. Grundlage ist dabei der mittelalterliche Rittercodex – allerdings in einer modernen und dem Ritterorden angepassten Fassung.

So haben auch in der heutigen Zeit die ritterlichen Tugenden ihre Gültigkeit: Prudentia (Klugheit), Justitia (Gerechtigkeit), Fortitudo (Tapferkeit) und Temperantia (Maß) sind heute wie früher entscheidende Eigenschaften, die alle Ordensmitglieder erstreben sollen, um für ihren besonderen Auftrag, die Sorge für die Menschen im Heiligen Land, gerüstet zu sein, freilich nicht im kriegerischen Zusammenhang.

Edmund Deppe
 


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