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Integration bei Staub und Spänen

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Fortbildungskurse für Flüchtlinge in der LABORA-Jugendwerkstatt

„Es ist gut, was zu tun zu haben“, sagt Massrou. Der junge Mann ist aus der Elfenbeinküste geflohen und steht nun an der Fräse in der Jugendwerkstatt von LABORA in Hildesheim. Mit Gehörschutz und einer möglichst ruhigen Hand.

Den richtigen Umgang an der Maschine lernen jetzt Flüchtlinge in der Jugendwerkstatt von LABORA Foto: Wala

Massrou und sein Kollege aus Eritrea, Marese, werfen noch mal einen prüfenden Blick auf das Holz. Ja, die Kante ist sauber abgefräst.  Der Balken kann weiter verarbeitet werden.

„Wir bauen eine Bank“, erläutert Marese. Eine ganz besondere: Eine „Partnerbank“, bei der die Sitznachbarn zwar nebenei­nander, aber in der gegenläufigen Blickrichtung sitzen. „Schönes Teil“, meint Massrou, der selbst schon als Tischler gearbeitet hat – unter anderem im Marokko. Angst vor den großen Maschinennen in der Jugendwerkstatt hat er nicht.

Flüchtlinge bringen viele Erfahrungen mit

„Es ist den Flüchtlingen anzumerken, dass sie schon mit Werkzeug gearbeitet haben“, meint auch Werkstattleiter Hermann-Josef Theisgen. Zwei Wochen lang machen 27 junge Flüchtlinge bei LABORA ein Praktikum – wie Massrou und Marese im Bereich Holz, andere gehen in die Fahrradwerkstatt oder werden mit Metall arbeiten.

Gerade Fahrräder haben eine große Bedeutung. „Mobilität ist einfach ganz wichtig“, betont Theisgen. Die von den Flüchtlingen überarbeiteten Drahtesel werden den Einrichtungen zur Verfügung gestellt, in denen sie leben.
Hintergrund des Angebotes: „Wir habe in den Schulferien freie Plätze, die wir nun als Praktikum angeboten haben.“ Lange suchen brauchte er nicht: „Die jungen Flüchtlinge haben ein großes Interesse unsere Gesellschaft auch über Arbeit kennenzulernen.“

Dabei arbeiten die Flüchtlinge nicht für sich allein: „Nein, Jugendliche, die bei uns schon länger da sind, unterstützen sie“, erläutert Theisgen. Das kommt sowohl bei den Flüchtlingen als auch bei den Teilnehmern gut an: „Für uns ein doppelter Mehrwert“, findet Theisgen. Schließlich haben die Teilnehmer von LABORA-Maßnahmen sonst mit einer Vielzahl von Benachteiligungen zu kämpfen.

Klappt denn die Integration bei Staub und Spänen in der Holzwerkstatt oder zwischen Kettenfett und Kugellager bei den Fahrrädern? „Das läuft gut“, sagt Raymond, ein Teilnehmer von LABORA-Maßnahmen. Die Verständigung klappt auch mit wenigen Worten, unterstützt von Händen und Füßen. Und die Partnerbänke sind eine richtig prima Sache.

Nach der Arbeit wird gemeinsam gegessen

Täglich von acht bis 12.30 Uhr arbeiten die Flüchtlinge in den Werkstätten. Danach werden sie aber nicht in ihre Unterkunft zurückgeschickt. „Wir essen alle gemeinsam, Flüchtlinge, Jugendliche und Anleiter“, berichtet Alexandra Beck, Sozialpädagogin bei LABORA. Das Essen kommt aus dem Hauswirtschafts- und Küchen-Bereich der Jugendwerkstatt: „So können wir auch auf religiös bedingte Essensvorschriften Rücksicht nehmen.“

Wie bunt gemischt die Herkunft der Flüchtlinge ist, zeigt ein Plakat im Sozialraum. „Herzlich willkommen“ steht auf kleinen Zetteln, die zu einer Collage zusammengeführt wurden – in insgesamt 20 Sprachen. Darunter in so ungewöhnlichen Schriftzeichen wie Arabisch und Tigrinya. Letzteres wird in Eritrea gesprochen. 

Dreimal in der Woche macht sich Alexandra Beck auch mit den Flüchtlingen auf den Weg: „Wir erkunden Hildesheim, haben auch schon eine Stadtrallye gemacht.“ Auch hier sind wieder Jugendliche aus der Werkstatt unterstützend dabei.

Für Alexandra Beck und Hermann-Josef Theisgen ist klar: „Das wird nicht bei einer Einmal-Aktion bleiben.“ Schon jetzt gebe es Nachfragen nach weiteren Praktika. Schließlich kommen demnächst die Herbstferien.

Rüdiger Wala


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