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Der Friede sei mit uns

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Wie die Welt friedlicher werden kann

2016 hat die Welt erschüttert. Wieder einmal. Frieden: Fehlanzeige. Stattdessen Krieg, Terror, Unsicherheit. Nun hat ein neues Jahr begonnen. Doch wird das besser?

Grafik: imago

Es gibt wenig Grund zu hoffen, dass 2017 friedlicher wird. In Syrien könnte der militärische Konflikt zu Ende gehen. „Aber damit ist das Land ja nicht befriedet“, sagt Ruprecht Polenz, ehemaliger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Die Terrorbande Islamischer Staat wird weiter versuchen, Leid in die Welt zu tragen. An der Spitze der USA und Russlands stehen zwei Typen, denen man keinen Gebrauchtwagen abkaufen würde. Statt Frieden säen sie Unsicherheit, setzen sogar wieder auf Atomwaffen. Trump und Putin sind unberechenbar. „Das Schlimmste, was man von einem Politiker sagen kann“, kommentiert Christdemokrat Polenz. Sein Ausblick auf 2017: „Die internationale Lage ist schwierig, ich würde sogar sagen, beängstigend.“

Europa müsste einspringen. Doch auch hier: Unsicherheit. Wie geht es weiter nach dem Brexit-Beschluss? Wird in Frankreich die Rechtspopulistin Marine Le Pen Präsidentin und lässt über die EU-Mitgliedschaft abstimmen? In Polen kann man derzeit verfolgen, wie nationalkonservative Populisten den demokratischen Staat schleifen und umgestalten. 

Eine gute Nachricht kommt doch aus den USA. Dort hat Antonio Gutteres sein Amt als UN-Generalsekretär angetreten. Er gilt als diplomatischer Brückenbauer, aber auch als führungsstark. Offenbar genießt er das Vertrauen vieler Mitspieler auf der internationalen Bühne. Hoffentlich werden mit dem Portugiesen die Vereinten Nationen wieder ein starker Vermittler. 

 

Eine bessere Welt ist möglich

Grafik: imago

Immer wieder gibt es Hoffnungszeichen, dass sich Dinge doch besser entwickeln: So betonen Forscher, dass 2016 erstmals seit Jahrzehnten kein neuer Krieg auf der Welt begonnen wurde. Da gibt es zum Beispiel in Kolumbien Frieden nach Jahrzehnten des Bürgerkrieges oder in Malaysia ein erfolgreiches Modell zur Resozialisierung islamistischer Fundamentalisten. Eine bessere Welt ist möglich. Dafür kommt es 2017 auch auf uns in Deutschland an. 

Bei der Bundestagswahl, aber auch im Alltag. „Es reicht nicht, die Hände in den Schoß zu legen und die Lage zu beobachten“, appelliert Polenz. Jeder ist gefragt, sich für eine offene Gesellschaft einzusetzen – am Stammtisch, am Arbeitsplatz, im Verein, in der Nachbarschaft. „Wir müssen Zeugnis ablegen für die Werte unserer Gesellschaft.“ Für ein friedliches Zusammenleben, für Gewaltfreiheit, wie der Papst in seiner Friedensbotschaft zum Jahresbeginn fordert. „Frieden entsteht nicht durch moralische Rechthaberei. Es genügt nicht, die richtige pazifistische Gesinnung vor sich her zu tragen. Man muss den Frieden erstreiten, statt ihn nur von anderen zu fordern“, schrieb die Journalistin Evelyn Finger in der „ZEIT“. Für uns Christen heißt das: Beten wir für den Frieden. Leben wir Frieden vor, in unserer Familie, an unserem Arbeitsplatz. Und setzen wir uns für Frieden ein, gegen Populisten, Angstmacher und Spalter. Damit wir zum Licht werden, das anderen Orientierung gibt. Polenz ist realistisch und skeptisch, aber nicht ohne Hoffnung: „Die Dinge stehen auf der Kippe, sie können also noch in die richtige Richtung kippen.“

Von Ulrich Waschki


Mehr als nur Wasser

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Die Riten einer Taufe

Auch wenn die Taufe Jesu im Jordan eine jüdische Bußtaufe war, ist sie dennoch eine der Keimzellen, aus der sich die christliche Taufe entwickelte. Und die hat im Laufe der Jahrhunderte eine reiche rituelle Entfaltung gefunden: Zur „Wassertaufe“ traten immer mehr Zeichen hinzu.

Die Taufkerze wird an der Osterkerze entzündet. Foto: KNA

Das Grundritual der Taufe ist so alt wie das Christentum selbst. Schon in der Pfingsterzählung der Apostelgeschichte wird sie als bekannt vorausgesetzt (Apg 2,38.41). Darüber, wie sie damals gespendet wurde, ist wenig bekannt. Ganz sicher war es aber eine Wassertaufe. 

Schon früh verbanden sich mit der Taufe drei Motive, die heute noch gelten: die Vergebung der Sünden (wie schon bei der Johannestaufe), die Gabe des Heiligen Geistes und die feste Bindung an Christus durch die Taufe „auf den Namen“ (Apg 8,16) oder „im Namen“ (Apg 10,48) Christi. Heute tauft man dagegen „auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (vgl. Matthäus 28,19).

Eine Vorbereitung auf die Taufe gab es zunächst wohl nicht: Die Apostelgeschichte schildert fast durchweg spontane Taufen, teils von Hunderten von Menschen oder „dem ganzen Haus“.

Endgültig ist sie trotzdem: Die Taufe war von Anfang an keine symbolische, sondern eine wirkmächtige Handlung, ein Sakrament, das „für immer“ gilt. 

Die Bilder stammen von einer Taufe in der Kirchengemeinde St. Martin in Dietzenbach (Bistum Mainz) durch Pfarrer Stefan Barton. Fotos: KNA

 

Die Bezeichnung mit dem Kreuz

Foto: KNA

Die eigentliche Taufe ist eingebettet in einen Wortgottesdienst mit Lesungen, Predigt und Fürbitten. Priester, Eltern und Paten bezeichnen dabei den Täufling mit dem Kreuz – ein Segenswunsch und zugleich ein kurzes Glaubensbekenntnis. Anschließend wird das Taufwasser geweiht und der Täufling (stellvertretend: Eltern und Paten) bekennt seinen Glauben und widersagt dem Bösen.

 

 

 

Das Wasser ...

Foto: KNA

war von Anfang an Kernelement der Taufe. Wie bei Johannes wurde sie zunächst in einem fließenden Gewässer durch vollständiges Untertauchen gespendet. Indem man zeichenhaft „für die Sünde starb“ konnte man anschließend „zu neuem Leben mit Christus auferstehen“. In den ersten Kirchen fanden sich begehbare Taufbecken. Als vom 4. Jahrhundert an die Säuglingstaufe üblich wurde, verringerte man das Untertauchen zum Übergießen.

 

 

Die Chrisamsalbung ...

Foto: KNA

ist das erste der sogenannten „ausdeutenden Riten“ (gültig ist die Taufe auch ohne sie, etwa bei einer Nottaufe). Früher wurden nur Könige, Priester und Propheten gesalbt. Daher zeigt die Salbung mit Chrisam, ein geweihtes Olivenöl, die „königliche Würde“ des Christen. Zugleich ist sie eine Verpflichtung, sich wie ein König, Priester oder Prophet für die Weitergabe des Glaubens einzusetzen (vgl. 1. Petrusbrief 2,9). Insofern ist die Taufe Gabe und Aufgabe.

 

 

Das weiße Kleid ...

Foto: KNA

als Zeichen des neuen unschuldigen Lebens wurde erwachsenen Täuflingen überreicht, wenn sie nackt und „wie neugeboren“ in der Osternacht aus dem Taufbecken stiegen. Eine Woche lang trugen sie es ständig, bis sie es am folgenden Sonntag im Gottesdienst feierlich wieder ablegten und Alltagskleidung anzogen. Bis heute heißt dieser Sonntag deshalb „Weißer Sonntag“. Bei „unschuldigen Kindern“ zeigt das weiße Kleid auch die Befreiung von der Erbsünde.

 

 

Die Taufkerze ...

Foto: KNA

wird von einem Elternteil oder Paten an der Osterkerze entzündet. Dabei verbinden sich mehrere Motive. So hat in der Taufe „Christus, das Licht der Welt, Ihr Kind erleuchtet“, wie es im Gebet heißt. Mit dieser Zusage verbindet sich der Auftrag an Eltern und Paten, für das anvertraute Licht zu sorgen, das Kind also im Glauben zu erziehen. Zudem weist die Osterkerze auf den Auferstehungsglauben hin und damit auf die endgültige Heilszusage für den Täufling.

 

 

Der Effata-Ritus, ...

Foto: KNA

der die ausdeutenden Riten abschließen kann, aber nicht muss („Kann-Regel“), nimmt Bezug auf ein Heilungswunder Jesu im Markusevangelium (7,31-37). Der Priester oder Diakon berührt Ohren und Mund des Täuflings und bittet, der Herr möge wie dem Taubstummen im Evangelium auch dem Täufling Mund und Ohren öffnen (Effata, hebr.: „Öffne dich“), „dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst.“ Wieder gilt: Taufe ist Gabe und Aufgabe.

 

Von Susanne Haverkamp

Ist Josef der leibliche Vater Jesu?

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Anfrage

Ist Jesus nun der leibliche Sohn Josefs oder nicht? Paulus scheint in seinem Römerbrief (1,1–7) etwas anderes zu sagen als die Evangelisten Matthäus (1,18–24) und Lukas (1,26–38). „Sohn Gottes“ wird Jesus nach Paulus erst durch die Auferstehung. Und Paulus war doch zeitlich viel näher dran als Matthäus. W. S., Tönisvorst

Sie sprechen zwei heikle – und heute noch schwieriger zu verstehende – Themen an: erstens die Gottessohnschaft Jesu und zweitens seine Geburt durch Maria als Jungfrau. Auch wenn beide Aussagen das Besondere an Jesus Christus hervorheben wollen, so sind es doch unterschiedliche Aussagen. Die Aussage zur Jungfrauengeburt soll das Bekenntnis zu Jesus Christus als Gottes Sohn untermauern und betonen. 

Das Bekenntnis: „Ich glaube … an Jesus Chris-tus, Gottes eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria …“ ist in erster Linie eine Glaubensaussage über die Bedeutung Jesu Christi; sie ist nicht formuliert als biologisch-medizinische Diagnose. Falls Jesus biologisch der Sohn Josefs war, so interessierte das nicht. Entscheidend war die Erkenntnis: Er ist Gottes Sohn.

So wie sich die Geschichten meiner Ehe oder meines Berufslebens erst rückschauend sinnvoll erschließen, so hat sich für die Jünger erst rückschauend das Leben Jesu erschlossen. Im Wesentlichen von seiner Auferstehung her.

Ohne die wäre Jesus vielleicht provokant, beeindruckend, beispielhaft oder verrückt erschienen. Welche große Bedeutung er tatsächlich hat, erschloss sich erst nach der Auferweckung. Das spiegeln der zitierte Satz des Paulus oder die Erkenntnis der Emmausjünger: „Brannte uns nicht das Herz …“  Im Markusevangelium, als ältestes um das Jahr 70 entstanden, wird Jesus erstmals bei der Taufe durch Johannes „Sohn Gottes“ genannt. Im Johannesevangelium ist das Wort Gottes, das Mensch wird, schon vor Erschaffung der Welt vorhanden.

Übrigens: Paulus schreibt an anderer Stelle: „sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau“ (Gal 4,4). Auch er spricht nicht vom Sohn Josefs. Zudem kannte er, auch wenn er zeitlich „näher dran“ war, längst nicht alle Apostel.

 

Von Roland Juchem

Orthodoxe und Kopten feiern Weihnachten

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Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen

Am 7. Januar haben orthodoxe und koptische Christen ihr Weihnachtsfest gefeiert - teils unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen.

Koptische Christen feierten am 7. Januar ihr Weihnachtsfest.
Foto: KNA

Orthodoxe und koptische Christen haben am Wochenende Weihnachten gefeiert. In Ägypten stand das Weihnachtsfest der Kopten im Schatten des Terroranschlags auf eine Kirche in Kairo Anfang Dezember. Gottesdienste und Veranstaltungen fanden unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. In Russland nahmen zahlreiche Gläubige in der Nacht zum Samstag an traditionellen Mitternachtsmessen teil.

Kopten und Teile der orthodoxen Kirche feiern das Weihnachtsfest am 7. Januar. Grund dafür ist, dass die betreffenden Kirchen ein älteres Kalendersystem verwenden, das um 13 Tage vom 1582 eingeführten gregorianischen Kalender des Westens abweicht.

An einem Gottesdienst mit Papst Tawadros II. in der Markus-Kathedrale in Kairo nahm laut Medienberichten auch Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi teil. Dabei entschuldigte er sich den Angaben zufolge für Verzögerungen beim Wiederaufbau von Kirchen, die nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi im Jahr 2013 von dessen Anhängern attackiert und beschädigt worden waren. Zugleich warb er für Vielfalt und Toleranz. Unterschiede zwischen den Menschen seien von Gott geschaffen und müssten respektiert werden.

In der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale rief der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. Medienberichten zufolge zu Toleranz auf. Zugleich appellierte er an die Gläubigen, die "virtuelle Welt" zu verlassen und sich den Menschen zu widmen, die in der Realität Aufmerksamkeit und Unterstützung bräuchten.

Staatspräsident Wladimir Putin besuchte wie in den Jahren zuvor einen Gottesdienst in der Provinz, diesmal in Nowgorod, etwa 500 Kilometer nördlich von Moskau. In seiner Weihnachtsbotschaft betonte er die Bedeutung der orthodoxen Kirche für die Gesellschaft. Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit mehr als 150 Millionen Anhängern die größte orthodoxe Gemeinde. 

kna

Ein neuer "Rastplatz für Leib und Seele"

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Kirchweihe in Altwarmbüchen

Mit der Heilig-Kreuz-Kirche im Isernhagener Ortsteil Altwarmbüchen (Region Hannover) ist im Bistum Hildesheim zum ersten Mal seit mehr als zwanzig Jahren eine Kirche neu gebaut und geweiht worden.

Bischof Norbert Trelle hat das Gotteshaus am 8. Januar geweiht. 

Zum letzten Mal auf großer Fahrt

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Malteser in der Diözese Hildesheim starten das Projekt Herzenswunsch-Krankenwagen

Noch einmal das Meer sehen, bevor es zu Ende geht? Ein letzter Besuch in den Bergen? Mit ihrem neuen Projekt „Herzenswunsch-Krankenwagen“ wollen die Malteser in der Diözese Hildesheim todkranken Menschen diesen Wunsch erfüllen.

Birgit Fischer genießt die Sonnenstrahlen und ein Aalbrötchen am Steinhuder Meer. Es war ihr Herzenswunsch, noch einmal das Rauschen der Wellen zu hören, noch einmal das Meer zu sehen und sich den Wind um die Ohren wehen zu lassen. Fotos: mhd

Ein Jahr hat alles verändert: Weihnachten 2015 stand Birgit Fischer noch mitten im Leben, als geachtete und beliebte Lehrerin, als Lebensgefährtin eines Mannes und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Heute ist die 59-Jährige zu schwach, um längere Strecken zu gehen. Im Rollstuhl hat Monika Breiden ihre todkranke Freundin an die Promenade des Steinhuder Meeres geschoben. Gemeinsam genießen die Frauen an diesem sonnigen, aber kalten Adventssonntag den Blick über das Wasser. Für Birgit Fischer wird es der letzte Besuch am Steinhuder Meer sein und beide wissen das.

Zu viel ist geschehen in diesem vergehenden Jahr: Zuerst im Januar die Diagnose Eierstockkrebs – „trotz aller Vorsorgeuntersuchungen“, wie Birgit Fischer betont. Mehrere Operationen, Chemotherapie, dann ein Riss im Darm, weitere Operationen. Seit dem 3. November wird die Todkranke im „Hospiz am Hohen Tore“ in Braunschweig gepflegt und rund um die Uhr medizinisch betreut.

Die Malteser in Braunschweig haben Birgit Fischer nun einen „Herzenswunsch“ erfüllt – gemeinsam mit ihrer Freundin noch einmal das Meer zu sehen, auch wenn es nur ein Binnensee ist. „Die Nordsee hätte ich mir von der Fahrtstrecke nicht mehr zugetraut“, bekennt die kranke Frau. Steinhuder Aal statt Nordseekrabben also, aber das ist in Ordnung für die ehemalige Lehrerin. „Ich bin den Maltesern sehr dankbar für diesen wundervollen Tag. Das ist ein Geschenk.“

Ausflug mit dem Krankenwagen

Ein Geschenk, das von Herzen kommt. Gerne haben sich die beiden Malteser Holger Scherf und Lena Marie Dill an diesem Sonntag Zeit für diese Ausflugsfahrt genommen. Beide arbeiten ehrenamtlich für die Malteser in Braunschweig, der 43-jährige Scherf auch hauptberuflich als Rettungsassistent, Dill als junge Krankenschwester im Krankenhaus. Ihre medizinische Erfahrung wird gebraucht, denn außer den beiden Freundinnen haben Scherf und Dill für alle Fälle auch jede Menge Medikamente und Pflegemittel an Bord des voll ausgerüsteten Krankenwagens. Sollte sich der Zustand der Todkranken plötzlich verschlechtern, dann würden die beiden erfahrenen Sanitäter sofort eingreifen müssen – und auch können.
 

Gerne haben sich die beiden ehrenamtlichen Malteser Holger Scherf und Lena Marie Dill Zeit für den Herzenswunsch-Ausflug mit Birgit Fischer genommen.

Für die beiden Malteser ist die Reise ans Steinhuder Meer der erste Einsatz im Rahmen ihres neuen Dienstes „Herzenswunsch-Krankenwagen“. Seit Kurzem bietet der Hilfsdienst solche Fahrten an den Standorten Celle, Braunschweig und Wolfsburg an. Hannover und Göttingen sollen bald folgen. An diesen fünf Standorten arbeiten die Malteser eng mit stationären Hospizen zusammen. Kommt von dort eine Patientenanfrage, stellen die Malteser, je nach körperlicher Verfassung des Patienten, einen Rettungswagen oder Krankentransportwagen zur Verfügung und sorgen dafür, dass der Betroffene von einem ausgebildeten Rettungshelfer oder Rettungssanitäter begleitet wird. Ist genügend Platz vorhanden, kann ein Angehöriger mitfahren.

Für diesen Dienst zahlen der Patient sowie seine Begleitperson nichts. Etwa 100 Euro kann es kosten, einen schwerstkranken Menschen noch einmal nach Hause zu fahren. Für 420 Euro könnte man ein sterbenskrankes Kind zusammen mit seinen Eltern für einen Tag an die Ostsee fahren und etwa 1500 Euro müsste man aufbringen, um einen Patienten nach Süddeutschland zu bringen, wo er noch einmal mit Verwandten Weihnachten oder ein anderes Fest feiern könnte. Um die Fahrt den Betroffenen kostenfrei anbieten zu können, sind die Malteser daher auf Spenden angewiesen.

Koordiniert wird dieser neue Dienst der Malteser von Dr. Christoph Mock, Theologe und Trauerbegleiter des Ambulanten Hospizdienstes der Malteser in Hannover. Mock klärt alle Rahmenbedingungen, hält Kontakt zu den behandelnden Ärzten und sorgt auch für die Ausbildung der ehrenamtlichen Malteser-Begleiter.

Wir wollen einen Herzenswunsch erfüllen

„Wenn wir mit dem Herzenswunsch-Krankenwagen einem todkranken Patienten eine Herzensangelegenheit erfüllen können, er so vielleicht ein letztes Mal für ein paar Stunden aus dem Krankenhaus oder dem Hospiz herauskommt und etwas erlebt, was ihm persönlich wichtig ist, dann hat das Projekt seinen Zweck erfüllt“, sagt Mock. Zugleich hofft der Koordinator, dass der Herzenswunsch-Krankenwagen dabei hilft, den Hospizgedanken zu verbreiten und auf die vielen Möglichkeiten hospizlichen Handelns aufmerksam zu machen, speziell auf die stationäre und ambulante Hospiz- und Palliativarbeit. „Noch immer gibt es auf diesem Gebiet viel Unwissenheit“, gibt der Theologe zu bedenken und freut sich, dass die erste Fahrt des Malteser „Herzenswunsch-Krankenwagen“ so erfolgreich verlaufen ist.

Kontakt unter Telefon: 01 51 / 46 14 42 54 (Montag bis Freitag: 9 bis 16 Uhr). Spendenkonto: Malteser Hilfsdienst, Diözese Hildesheim, Pax Bank, IBAN: DE49 3706 0120 1201 2090 10 Stichwort: „Herzenswunsch“.

 

Nicht einfach schließen

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Kommentar

Soll ein Krankenhaus geschlossen werden, dürfen die Verantwortlichen nicht nur auf die nackten Zahlen schauen. Oft hängt die Strukturpolitik einer ganzen Region daran. Ein Kommentar von Kerstin Ostendorf.

Wenn die Luft wegbleibt, das Herz poltert und der Schwindel zunimmt, dann zählt jede Minute. Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall etwa ist schnelle und professionelle Hilfe überlebenswichtig. Doch was tun, wenn das Krankenhaus ein bis zwei Autostunden entfernt ist? Die Krankenhauslandschaft in Deutschland wird sich dramatisch ändern – offen ist nur, in welche Richtung.

Wer kennt das nicht? Auf einen Facharzttermin in einer Klinik wartet man Monate und für eine CT- oder MRT-Untersuchung braucht man viel Geduld. Einige Experten sagen: Das muss nicht sein. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass bei deutlich weniger Kliniken pro Einwohner die Qualität und die Leistungen besser ausfallen. Ein CT-Termin innerhalb von 24 Stunden, Fachärzte, die rund um die Uhr erreichbar sind und ausreichend Pflegepersonal. Ein Traum, den man durch Schließungen erreichen kann? 

Ganz so einfach geht es nicht. Die Situation in anderen Ländern lässt sich nicht eins zu eins für Deutschland umsetzen. Im Gegenteil: Solch pauschale Vorschläge helfen nicht weiter und beeinflussen die Diskussion einseitig. Denn es geht nicht nur um die nackten Zahlen und Kos-teneinsparung, es geht um die Frage: Welche Form von Gesundheitsversorgung wollen wir?

Auf der einen Seite ist es sinnvoll, kleinere Krankenhäuser zu schließen, wenn sie Verluste schreiben, nicht mehr in neue modernere Diagnostik investieren können und an Standorten sind, für die sich weder Ärzte noch Pflegepersonal anwerben lassen. Andererseits sind es heute oft diese kleinen Häuser, die im ländlichen Raum den fehlenden Allgemeinarzt ersetzen und Arbeitsplätze schaffen. Dank ihnen werden die meist älteren Patienten nicht völlig aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen. Bei der Frage, ob solche Häuser geschlossen werden sollten, hört die Gesundheitspolitik auf und wird zur regionalen Strukturpolitik. Hier allein über schlechte Finanzen die Daumenschrauben anzuziehen, ist eine Lösung, die dem komplexen Problem nicht gerecht wird.

Die kirchlichen Träger von Krankenhäusern stehen wirtschaftlich gut da. Sie haben den Vorteil, nicht wie viele private Träger, auf Gewinnmaximierung und eine gute Rendite aus zu sein. Und sie haben bereits jahrzehntelange Erfahrung mit Kooperationen untereinander. Denn das ist die zukunftsweisende Richtung: Wenn Häuser enger zusammenarbeiten, Abläufe optimieren und Patienten schnell weiterleiten, wird die hohe Qualität in Deutschland weiter steigen.

Von Kerstin Ostendorf

So wie die Nachbarin ...

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Warum Hilfsbereitschaft heute anders aussieht als früher, zeigt das Projekt „Nächstenliebe“ in Duderstadt

„Ach, könnten Sie mal eben ...“: Hilfen von Wohnungstür zu Wohnungstür oder übern Gartenzaun sind nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Jetzt springen vermehrt organisierte Nachbarschaftshilfen ein. Auch in den kleinen Städten und Dörfern wie in und um Duderstadt.

So als ob es die eigene Nachbarin wäre: Gut einmal im Monat schaut Karola van Almsick (links) beim Ehepaar Bärbel und Hans-Peter Ronski vorbei. Zum Reden, zum Zuhören und Zeit haben. Foto: Wala

Damit kein falscher Eindruck entsteht: „Nein, ich glaube nicht, dass Hilfsbereitschaft generell abgenommen hat“, sagt Karola van Almsick. Sie ist Mit-Organisatorin des Nachbarschaftshilfe-Projekts „Nächstenliebe“ in Duderstadt.

Die Kreisstadt im Süden Niedersachsen hat gut 21 000 Einwohner – davon 9000 in der Kernstadt und 12 000 in 14 umliegenden Dörfern. Da müsste eigentlich jeder jeden kennen. „Das ist häufig auch so“, bestätigt Karola van Almsick, die selbst eine „Zugezogene“ ist: „Aber schauen Sie sich doch mal um.“

Wir stehen in einer Seitenstraße in Westerode, früher eigenständig, jetzt ein Ortsteil von Duderstadt, 900 Jahre alt, 1000 Einwohner, weithin sichtbar der Turm der katholischen Kirche St. Johannes Baptist. Um uns herum Einfamilienhäuser, alle in den 1960er-Jahren gebaut. Vergleichsweise große Grundstücke, Häuser und Gärten sind gepflegt. Aber niemand ist auf der Straße. Nur der Wagen des ambulanten Pflegedienstes fährt vorbei.
„Das ist ziemlich symptomatisch: Die Kinder sind weggezogen, die Menschen hier sind alt geworden“, sagt Karola van Almsick. Manchmal zu alt, um die fünf Treppenstufen von der eigenen Haustür runter und die 20 Schritte zum Nachbarn zu gehen. Zum Klönen, auf eine Tasse Kaffee.

Auch Reden und Erzählen ist Nachbarschaftshilfe

Genau das macht Karola van Almisck heute. Sie besucht die Eheleute Ronski – Hans-Peter, 75 Jahre alt, und seine zwei Jahre jüngere Frau Bärbel. Alteingesessen, beide haben in diesem Jahr goldene Hochzeit gefeiert. 1967 wurde das Haus gebaut, in dem die beiden heute noch wohnen und ihre zwei Kinder aufgezogen haben. So weit, so normal. Heute lebt der Sohn in Stuttgart. Die Tochter ist eigentlich nahebei – im thüringischen Teil des Eichsfeldes. Aber ihr Alltag wird von Schichtdienst bestimmt – auch zu den hohen Fest- und Feiertagen. So weit, auch so normal.

Die Ronskis haben ihr Leben lang hart gearbeitet und eine Gärtnerei aufgebaut. Auch mit seinen 75 Jahren ist Hans-Peter Ronski noch dabei – zuletzt vor Weihnachten. „Die Tannenbäume, die sich die Leute ins Wohnzimmer stellen, müssen ja irgendwo herkommen“, sagt er und lächelt. Schlagen, transportieren, verkaufen – wieder harte Arbeit.

Bärbel Ronski hat ihr Leben lang mit Krankheiten zu kämpfen: „Das fing schon als Kind an.“ Immer schwerwiegender wurde es, seit mehreren Jahren ist sie bettlägerig.

Ihr Krankenlager ist im Wohnzimmer aufgebaut, im Hintergrund die große Fototapete mit Gebirgssee und Berg, sie selbst blickt durch die großen Fenster in den Garten. Und auf zwei Dinge, die eine große Bedeutung für die Eheleute haben – das Hochzeitsbild und ein Holzkreuz. Das Kruzifix zeigt nicht nur den Heiland, sondern auch zwei weitere Figuren, die unter dem Kreuz stehen – vielleicht Maria und den Jünger, den Jesus liebte, wie es das Johannes-Evanglium (19, 26) erzählt. Für Bärbel Ronski ist dieses Kreuz „ein Stück Hoffnung“. Aufbauend.
Das sind für sie auch die Besuche von Karola van Almsick. Hans-Peter Ronski brüht Kaffee, heute setzt er sich mal dazu. Bei anderen Besuchen erledigt er Arbeiten im Haushalt. Sorgsam hat er den Kaffee für seine Frau in einen Schnabelbecher gefüllt, die Temperatur geprüft und reicht ihn ihr immer wieder an.

Von Tauben füttern bis Berlin-Besuche

Man plaudert. Vor Weihnachten war Bärbel Ronski in der Kurzzeitpflege. Keine gute Erfahrung. Die Zimmernachbarin, das Essen ... Fast zwei Stunden wird erzählt: Von den Feiertagen, Geschichten aus dem Familienleben. Zum Beispiel: Schafe. Von denen haben die Ronskis immer wieder kleine Herden gehabt. Es ist, als ob die Nachbarin zum Klönen vorbeigekommen sei.

„So soll es auch sein mit der Nachbarschaftshilfe“, sagt Karola van Almsick. Nur, dass sie hier ‚organisiert‘ ist. Einsamkeit, das Fehlen von kleinen Hilfen – all das hat 2014 dazu geführt, dass sich in Duderstadt Engagierte zum Projekt „Nächstenliebe“ zusammengeschlossen haben. Die Schirmherrschaft haben die Stadt und die beiden christlichen Kirchen übernommen.

Tauben füttern, Einkaufen, Begleiten zu Behörden und Ärzten, Besuche im Altenheim – „all diese alltäglichen Dinge prägen unsere Arbeit“, berichtet Karola van Almsick. Und manches Nicht-Alltägliche: Zweimal wurde ein 91-jähriger Mann nach Berlin begleitet: „Das hat was mit seinen Lebenserinnerungen zu tun.“ Auch beim Deutschlernen für Flüchtlinge wirkt das Projekt mit. „Wir erleben, dass viele Menschen einfach anderen helfen möchten“, meint Karola van Almsick. Die Hilfsbereitschaft hat nicht abgenommen. Sie ist nur anders geworden. Die „Nachbarn“ kommen nicht mehr unbedingt aus der gleichen Straße.

Rüdiger Wala


Sternsingerfotos

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Heilige Könige im Bistum unterwegs

Dschungelcamper im Namen des Herrn

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Der Schauspieler Majowski fand im Kampf gegen die Sucht zu Gott und Glauben

Mit dem Komiker Markus Majowski ist in diesem Jahr ein bekennender Christ im RTL-„Dschungelcamp“ mit dabei. Der Schauspieler fand nach Alkoholabhängigkeit und Drogenexzessen zu Gott und macht alles andere als einen Hehl aus seiner Vergangenheit.

Dass die sogenannten Stars in der Sendung „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ nur in den seltensten Fällen wirklich Stars, sondern meist nur hartgesottenen Fernsehzuschauern ein Begriff sind, ist klar. Das ist auch bei der nunmehr elften Staffel der Erfolgsserie IBES und bei Markus Majowki nicht anders. Bekannt wurde der Komiker einem breiteren Publikum vor allem mit den Fernsehpots der Telekom, für die Majowski ab 1997 mit echten Promis – etwa Ex-Radprofi und Tour de France-Sieger Jan Ullrich, dem längst verstorbenen Talkmaster Rudi Carrell oder Rocksänger Udo Lindenberg– vor der Kamera stand und Reklame machte. Seine Filme – „Höllische Nachbarn“ oder „7 Zwerge“ und die zum Teil nur schwer erträgliche Sat.1-Serie „Die Dreisten Drei – Die Comedy-WG“ (2002 bis 2008) sind da eher etwas für Liebhaber, um es mal neutral zu formulieren. 

Die zwölf Camper vor dem Einzug (Foto: RTL, Stefan Menne)

Inzwischen aber ist Majowski vor allem im Theater unterwegs. Auch sonst wirkt er irgendwie mehr „angekommen“ als früher. Wer ihn in diesen Tagen trifft, begegnet einem Menschen, der zu sich steht, der gerne lacht und keine Scheu hat, sich auch mal mit seinen Ecken und Kanten zu zeigen, der allerdings – zugegeben – manchmal auch ein wenig viel redet… Doch das alles kommt nicht von ungefähr. Seit einigen Jahren schon lebt Majowski abstinent von Alkohol und von Drogen. Zudem ist er überzeugt, „dass Jesus für mich gestorben ist“, wie er in seinem vor gut drei Jahren veröffentlichten Buch „Markus, glaubst du an den lieben Gott?“schreibt. Über sich selbst sagt Majowski: „Ich muss nicht mit jedermann gut stehen. Ich stehe gut mit Gott. Die Zeichen, die ich sehe, geben mir Hoffnung auf einen Sinn hinter allem.“ Neben seinem Glaubensbekenntnis berichtet der Schauspieler in seiner Biografie auch über seinen Kampf gegen die Alkoholabhängigkeit. 

"Beten war meine Lebensrettung"

Markus "Memento Mori"? (Foto: RTL , Ruprecht Stempell)

Dass Majowski aus seiner Vergangenheit keinen Hehl macht, und bisweilen sogar versucht daraus für sich Kapital zu schlagen – etwa in Form von Publicity und Sendezeit - wird schnell deutlich, wenn man ihn mal googelt. Dann sieht man, mit wem er schon so alles über sich und seine Umkehr plauderte – etwa 2015 mit Bibel TV. Auch im Interview mit dem ERF berichtete er jüngst recht freimütig über seinen Glaubensweg und den persönlichen Wandel. „Es macht mich stark, Stellung zu beziehen“, sagt er. Und erklärt, dass er heute anderen Menschen mit seiner Lebensgeschichte aus der Sucht heraushelfen will. 

Majowski selbst ist Mitglied in einer Selbsthilfegruppe, die, wie er sagt, „sich an christlichen Prinzipien orientiert“. Neben der Kapitulation vor der Sucht hätten ihm andere Süchtige dort vorgelebt, was es heißt „nicht immer Recht haben zu müssen, auch Fehler machen zu dürfen“. Oder im Hier und Jetzt zu sein, immer nur für 24 Stunden nüchtern zu bleiben und zu leben, wie sie in den sogenannten Zwölf-Schritte-Gruppen gerne sagen. 

Selbsthilfe mit christlichen Prinzipien

Auch mit den katholischen Kollegen von „Kirche und Leben“ hat der heute 52Jährige schon geredet. Und zwar direkt vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche , die ja jüngst erst zum Schauplatz eines schrecklichen Terror-Anschlags wurde. „Beten war meine Lebensrettung“, sagt Majowski, der natürlich auch in den Sozialen Netzen – etwa Facebook - inzwischen omnipräsent ist. Wenn er bete,„kommt Ruhe in mein Leben“. 

Diese Ruhe allerdings wird Majowski in den kommenden Wochen kaum haben. Das Dschungelcamp ist – dank Lagerkoller und ständigem Hungergefühl der „Insassen“ - bekannt für das Hochkochen permanenter sozialer Kleinstkrisen. Und anschließend wird bzw. muss Majowski erst mal für RTL auf „Promotion-Tour“ über die Dörfer ziehen… So ist das wohl, lieber Markus, wenn man seine nüchterne Seele an einen Privatsender verhökert… ;-) 

Ihr Webreporter Andreas Kaiser

Der Papst fragt die Jugend

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Vorbereitung für die nächste Bischofssynode

Erstmals in der über 50-jährigen Geschichte der Bischofssynoden will sich der Vatikan mit einer Online-Umfrage direkt an junge Menschen wenden.  Die Bischöfe Deutschlands appellierten an die junge Generation in der Bundesrepublik, sich an der Umfrage zur Situation der Jugendseelsorge zu beteiligen.

Die Jugend zu Wort kommen lassen - so will sich Papst Franziskus auf die nächste Bischofssynode vorbereiten. Foto: KNA

Für Oktober 2018 hat Papst Franziskus eine Weltbischofssynode einberufen, die sich mit der Jugend befassen soll. Papst und Kirche wollen sich für eine stärkere Mitgestaltung von Jugendlichen in Kirche und Gesellschaft einsetzen. Demnach sollen Jugendliche als Handelnde ernster genommen werden und Raum für neue Ideen erhalten. Von der Kirche wird verlangt, vorgefertigte Schemata in der Begleitung Jugendlicher aufzugeben.

"Wenn wir wollen, dass in der Gesellschaft oder in der Gemeinschaft der Christen etwas Neues geschieht, müssen wir Raum schaffen, damit neue Menschen handeln können", heißt es in dem 22-seitigen Dokument, das vom Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, vorgestellt wurde. Für einen "Wandel nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit" müsse man den neuen Generationen zugestehen, "ein neues Modell der Entwicklung auszuprobieren".

Gerade Jugendliche, die "häufig in ein Stereotyp der Passivität und der Unerfahrenheit eingesperrt" würden, praktizierten Alternativen, "die zeigen, wie die Welt oder die Kirche sein könnten", heißt es in dem Text. Auch eine christliche Gemeinschaft werde für junge Menschen attraktiver, "wenn sie erleben, dass der konkrete und originelle Beitrag, den sie leisten, angenommen wird". Die Kirche sei "aufgerufen, von den Jugendlichen zu lernen". Umgekehrt hätten ausnahmslos alle Jugendlichen "das Recht, auf ihrem Weg begleitet zu werden". Als Zielgruppe versteht der Vatikan 16- bis 29-Jährige.

 

Homepage ab dem 1. März freigeschaltet

Das Vorbereitungsschreiben wird an Bischofskonferenzen, kirchliche Institutionen und Ordensgemeinschaften weltweit verschickt, die bis Oktober auf einen Fragekatalog zur Situation der Jugendseelsorge antworten sollen. Auf dieser Grundlage wird dann das eigentliche Arbeitspapier der Synode erstellt. Jugendliche sind aufgerufen, sich im Internet direkt an der Umfrage zu beteiligen. Die Seite soll am 1. März freigeschaltet werden.

Die deutschen Bischöfe lobten das Vorbereitungsdokument als einen Perspektivwechsel. "Das Dokument geht vielfach von den Jugendlichen selbst aus und beschreibt eine Kirche, die sie auf ihrem Entscheidungs- und Unterscheidungsweg zur Fülle des Lebens begleitet", erklärten der Vorsitzende der Kommission für Geistliche Berufe, Bischof Felix Genn (Münster), und der Vorsitzende der Jugendkommission, Bischof Stefan Oster (Passau). "Der besondere Blick dieser Synode geht nicht nur auf die Jugend in der Welt von heute, sondern er kommt von den Jugendlichen her."

kna

"Unmöglich" gibt's nicht

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Internationale Bischöfe besuchen Gaza

Die humanitäre Lage hat sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Das berichtet die internationale Bischofsgruppe, die Gaza besuchte.

Der französische Bischof Michel Dubost während des Gottesdienstes in der katholischen Pfarrei in Gaza. Foto: KNA

Es waren nur wenige Stunden, die die internationale Bischofsgruppe im Gazastreifen verbrachte. Die Bischöfe besuchten das einzige christliche Krankenhaus, sahen die Winterhilfe des christlichen Hilfswerks Catholic Relief Service und trafen auf einheimische Christen. Für ein umfassendes Bild der Lage in dem seit zehn Jahren abgeriegelten Landstrich war der Besuch zu kurz. Das Leiden und die Hoffnung der Menschen in Gaza aber kamen deutlich zu Wort.

Anderthalb Jahre nach dem letzten Krieg hat sich die humanitäre Lage im Gazastreifen weiter verschlechtert. Vertreter christlicher Einrichtungen berichten von immer drastischeren Stromausfällen; vier Stunden täglich funktioniert durchschnittlich die Stromversorgung, in manchen Teilen Gazas noch weniger. Nicht besser steht es um die Wasserversorgung, von der Verschmutzung der knappen Ressource nicht zu sprechen.

Das alles ist erst auf den zweiten Blick zu sehen, sagt der Bischof von Evry, Michel Dubost. Da sind die Eselskarren und das eingeschränkte Angebot der Marktstände, die Häuser, die mangels Stromversorgung mit einem batteriegespeisten Fernseher beleuchtet werden. Und doch sei "der erste Eindruck von Gaza der einer nicht besonders reichen, aber auch nicht besonders armen Stadt", ein "relativ normaler Eindruck". Woran es wirklich fehlt, sagt Bischof Dubost, spürt man "mit dem Herzen", nämlich dann, wenn man mit den Menschen spricht: Es ist die fehlende Freiheit, es sind die Träume, die angesichts der harschen Realität so unerreichbar scheinen.

 

Hoffnung auf bessere Zukunft nicht aufgeben

"In den wenigen Stunden, die wir jedes Jahr kommen, können wir wenig an der Lage verändern", sagte Bischof Dubost zu den Gaza-Christen, die zur Messfeier in die katholische Pfarrei gekommen waren. Was bleibt, ist "das Vertrauen auf Gott" und die Hoffnung, "dass ihr in Zukunft freier sein werdet".

Glaube, Hoffnung auf Freiheit und eine bessere Zukunft für ihre Kinder sind es, die die christliche Gemeinschaft in Gaza am Leben halten. Aber die Zahl der Christen schrumpft - von rund 2.000 vor vier Jahren auf gegenwärtig um die Tausend, so der katholische Pfarrer von Gaza, Mario Da Silva. Genaue Statistiken hat der Brasilianer nur für die Katholiken, deren Zahl im Vergleich zu den orthodoxen Christen stabil geblieben ist: 135 Gläubige zählt seine Gemeinde - nach einer Abwanderung und fünf Neugeborenen im vergangenen Jahr.

"Auf menschlicher Ebene besteht wenig Hoffnung auf Besserung der Lage", sagt Bischof Dubost. Doch es seien Sätze wie jener der Mitarbeiter im Al-Ahli-Krankenhaus, die trotzdem die Hoffnung nähren: "Das Wort 'unmöglich' gehört nicht zu unserem Wortschatz."

Diese Menschen, wie auch die Mitarbeiter von Hilfsprojekten "vollbringen Wunder", sagt Bischof Dubost. Damit lassen sie auf das Wunder hoffen, das die Menschen von Gaza so nötig haben. Der schwierige Alltag von zwei Millionen Menschen, vor allem aber deren enorme psychische Widerstandsfähigkeit geben das Bild, das die Bischöfe von 24 Stunden in Gaza mitnehmen. "Die Hoffnung", sagt der anglikanische Bischof Christopher Chessun (Southwark), "ist schwer auszulöschen".

kna

Mit Schwung nach vorn

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Erfolgreiche Mitgliederwerbung

Rund 25 000 neue Mitglieder konnte die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) in zwei Jahren durch ihre Imagekampagne „Frauen.Macht. Zukunft“ gewinnen. Welche Strategien sind erfolgversprechend?

Jede Unterschrift zählt bei der bundesweiten kfd-Mitgliederwerbekampagne. Foto: Sieg-Hövelmann

Auch in der kfd sinken die Mitgliederzahlen. Der Verband hat deshalb „Mitgliedergewinnung“ auf die Agenda gesetzt und die rund 500 000 Mitglieder in über 5000 Pfarrgruppen aufgerufen, offensiv neue Frauen zu werben. Das kommt an und hat, wie die kfd schreibt, „einen Energieschub“ ausgelöst. „In allen Ecken Deutschlands laufen besondere Aktionen.“ 8000 neue Mitglieder 2015 und 17 000 im Jahr 2016 sprechen für sich. Bis Oktober läuft die Kampagne noch.

Alleingelassen werden die Gruppen bei der Werbung nicht. Auf der Homepage zur Kampagne bündeln sich Infos, Anregungen sowie Materialien zum Herunterladen und Bestellen. Zudem fungieren Kampagnenteams in einigen Diözesanverbänden (DV) als Anlaufstelle. Diese bieten kfd-intern kostenlos Fortbildungen an. „Eine charmante, gleichwohl aber überzeugende Mitgliederwerbung lässt sich durchaus trainieren“, betont Ellen Menke-Melges, Koordinatorin für Mitgliedergewinnung beim DV Münster. Einige Tipps der Betriebswirtin in Kürze sowie Beispiele aus Bistümern:

Am besten persönlich: „Nichts ist überzeugender als die eigene Überzeugung“, meint Menke-Melges. Insofern stelle der Kontakt von Angesicht zu Angesicht die beste Wahl dar. Man müsse sich nur einen Ruck geben, es auszuprobieren. Schließlich sei Mitgliederakquise keine Bittstellerei. Dies empfindet Helene Schmits genauso, die im persönlichen Gespräch 50 Frauen für die emsländische Kfd Lorup aktivierte. „Mir fiel das leicht“, sagt die Arzthelferin, „weil ich von der kfd begeistert bin und die Mitgliedschaft als Plus begreife für jede.“ Im Idealfall, so Expertin Menke-Melges, sollte eine Botschafterin über das Angebot vor Ort ebenso Bescheid wissen wie über die Leistungen des Verbandes auf gesellschafts-und kirchenpolitischer Ebene.

 

Datenschutz erschwert die Werbung

Neue finden: Aufgrund des Datenschutzes ist es nicht einfach, an Adressen zu kommen. Auch Pfarrbüros dürfen sie nicht weitergeben. Die kfd St. Lambertus Langenberg (Erzbistum Paderborn) druckte dennoch selbstbewusst Hunderte von Einladungen für ihre Cocktailparty zu Werbezwecken. Darin ließ sie wissen: „Wir machen uns stark für Frauen. Mach’ du uns noch stärker und werde Mitglied!“ Viele Mitglieder brachten Freundinnen mit. „Und als es unser Pressebericht vorab noch in die Zeitungen schaffte, war die Resonanz überwältigend“, berichtet kfd-Mitglied Doris Mersmann. 74 Neue unterschrieben die Beitrittserklärung. 

Um junge Familien zu erreichen, besucht die kfd St. Anna Aachen-Walheim (Bistum Aachen) Eltern mit Täuflingen. Alle Babys bekommen ein selbst genähtes Kirschkernkissen. „Das ist eine Chance, Jüngere anzusprechen“, versichert kfd-Frau Marie-Theres Hansen-Weitz.

Analyse:Ähnlich wie im Kundenkontakt gilt es, das Angebot vor Ort mit den Zielgruppen zu vergleichen. Wie das konkret geht, beschreibt ein Analysebogen auf der Seite des DV Münster unter www.kfd-muenster.de/mitglieder-werben/materialien. Damit lässt sich ermitteln, welche Personen möglicherweise nicht erreicht wurden und wo eventuell Lücken im Programm klaffen. „Als jüngere berufstätige Frau konnte ich nie an Veranstaltungen teilnehmen“, erinnert sich Birgit Winterhoff, „da sich alles immer schon nachmittags abspielte.“ Mit Gleichgesinnten fand sie eine gute Lösung und initiierte die Gründung der „kfd 30 plus“ als Teilgruppe in der kfd St. Ludgerus Münster-Albachten. Diese gestaltet ihr eigenes Programm. Die Organisation der Treffs teilen die Beteiligten untereinander auf, um Überlastungen vorzubeugen. Mit den Älteren wird die Begegnung gepflegt, so etwa jüngst durch ein Fest unter dem Motto „Wir sind eins“.

Um die Bedürfnisse moderner junger und erfahrener Frauen berücksichtigen zu können, spricht Rita Schierhorn von der kfd  St. Andreas Altenstadt (Bistum Mainz) gezielt Mitglieder an und fragt nach Vorlieben. „Zuweilen mit dem netten Effekt, dass sich manch eine dann selbst mit ihren Fähigkeiten einbringt.“ Auf diese Weise variiert das Programm, und es kam ein Yogakurs zustande. Dieser ist so beliebt, dass er gleich zweimal hintereinander stattfindet und den Altenstädtern viele neue Mitglieder bescherte.

 

Eine Willkommensgeste finden

Willkommenskultur: Eine Rose oder eine Begrüßungsmappe sind laut Expertin Menke-Melges eine schöne Willkommensgeste. Weitere Anregungen finden sich in ihrer Broschüre „Von der Basis für die Basis“ – herunterzuladen unter www.kfd-muenster.de/uploads/media/Heft_Mitgliedergewinnung.pdf. Sie empfiehlt, nach 100 Tagen nachzuhaken: Fühlen sie sich wohl? Entspricht das Programm Ihren Vorstellungen? Je konkreter die Fragen, desto besser funktioniere es, das Angebot den Wünschen anzupassen. 

Nach der Phase der Werbung folgt die Kür. „Die Bindung der Mitglieder ist die schwierigere Aufgabe“, gibt die Betriebswirtin zu bedenken. Ortsgruppen sollten sich nicht scheuen, dann weiterhin die Unterstützung von ihrem Diözesanteam oder dem Bundesverband zu nutzen.

Von Heike Sieg-Hövelmann

Die Politik und das Angstvirus

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Lehren für Deutschland aus dem US-Wahlkampf

Als 2009 Barack Obama US-Präsident wurde, begleiteten ihn fast messianische Erwartungen. Nun bei Donald Trump wittern manche Weltuntergang. Beides ist überzogen. Gleichwohl zeigt die Entwicklung, was auch im deutschen Wahljahr wichtig ist.

Vom "Messias" Obama zum "Buhmann" Trump hat sich in der Politik vieles gewandelt. Das hat auch Folgen für Deutschland. Fotos: pa(3), istock, Montage: G. von Hebel

„In Amerika“, so der Münsteraner Politikwissenschaftler Klaus Schubert, „ist Politik im Großen und Ganzen ein notwendiges Übel.“ In Deutschland hingegen haben Menschen – bei aller Kritik – eher positive Erwartungen an die Politik. Zudem hat der US-Wahlkampf gezeigt, wie wichtig es heute ist, das Publikum unmittelbar anzusprechen und zu erreichen. Mit Trump, so die einmütige politische Einschätzung, zieht ein Mann ins Weiße Haus, der weitgehend unberechenbar ist. Zu unterschiedlich und gegensätzlich sind seine Wahlversprechen und Personalentscheidungen. 

Wie in anderen westlichen Ländern auch sind viele Wähler das Bisherige einfach leid und verlangen nach einem starken Mann. Und der neue US-Präsident macht diesen Typ Politiker wieder hoffähiger. „Die Renaissance der Autoritären ist ein großes Problem“, sagt Schubert. Gleichzeitig kritisiert er, die gesellschaftlich Verantwortlichen hätten versäumt zu erklären, was genau Demokratie, Rechts- und Sozialstaat sind, wie sie funktionieren und warum vieles so kompliziert ist. Auch werde seit Mitte der 1990er Jahre fast nur auf die Gewinner von Globalisierung, Finanzwelt und Digitalisierung geschaut. Dabei gerieten die aus dem Blick, die bei diesen Fortschritten verloren haben.

Zudem zeigen Studien, wie trotz des unbegrenzten Datenflusses in westlichen Gesellschaften Gruppen und Milieus sich gegenseitig abgrenzen. „Auf unserer Seite“, kritisiert der Wissenschaftler und bezieht Politiker, Medienschaffende und Wirtschaftsentscheider mit ein, „besteht eine ungeheure Arroganz gegenüber denjenigen, die bei den Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte abgehängt worden sind.“

 

Trump hat die Ängste instrumentalisiert

In einer unübersichtlichen, von Ängsten durchsetzten Welt verfangen die Geschichten der Männer, die vor einer feindlichen Welt schützen wollen, eher als nüchterne Analysen. Auch wenn die Faktenlage oft eine andere ist. Hillary Clinton etwa wollte so weitermachen wie bisher. Trump hingegen hat es durch die Instrumentalisierung von Ängsten geschafft, ein anderes Klima zu schaffen.

„In einer Gesellschaft, die wie in Deutschland schon zu großen Teilen vom Angstvirus infiziert ist“, so Schubert, „muss man als Politiker anders reagieren als in einem weniger aufgeregten Klima.“ Daher gebe es keine andere Möglichkeit, als auf Hoffnung zu setzen. „Wer auf Angst setzt, will erniedrigen und andere für seine Zwecke missbrauchen. Hoffnung aber ist das genaue Gegenteil.“

So haben auf dem Höhepunkt der Bankenkrise Angela Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück den Menschen signalisiert: Ihre Bankeinlagen sind sicher. Damit, so Schubert, haben sie einen möglichen gefährlichen Sturm auf die Banken verhindert. 

In diesem Jahr brauche es etwas Ähnliches. „Die Botschaft“, so Schubert, „muss lauten: Ja, wir haben 2015 stürmische Zeiten gehabt, 2016 teils auch noch. Aber jetzt haben wir das im Griff, brauchen Zuwanderung.“ Ähnliche mit Fakten untermauerte Botschaften brauchen jene, die in den vergangenen 20 bis 30 Jahren abgehängt worden sind.

Von Roland Juchem

Kompliziertes Korinth

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Die Hafenstadt kostete Paulus einige Nerven

Als Paulus seinen ersten Brief an die Korinther schreibt, ist er in Ephesus. Vier Jahre zuvor hatte er begonnen, in der Handelsstadt Korinth das Evangelium zu predigen – ein turbulentes Unternehmen in einer pulsierenden Stadt.

So oder so ähnlich könnte das römische Korinth ausgesehen haben (Blick nach Nordwesten). Im Hintergrund der Golf von Korinth mit dem Hafen Lechaion; rechts die Landenge zum griechischen Festland. Foto: Jeff Brown

Als Paulus im Jahr 50 oder 51 erstmals nach Korinth kommt, geht es ihm nicht gut. In Galatien war er länger krank, in den mazedonischen Städten Thessaloniki und Beröa wurde er vertrieben und im längst nicht mehr glorreichen Athen von Philosophen veräppelt. Wenig zuversichtlich macht Paulus sich also auf den 90 Kilometer weiten Weg westwärts nach Korinth.

Als er die schmale Landenge, den Isthmus von Korinth überquert, sieht der Zeltmacher aus Tarsus vielleicht, wie gerade ein Boot über den Dioklos geschleppt wird. Dieser 6,6 Kilometer lange steinerne Schienenweg ist ein technisches Meisterwerk, damals bereits 600 Jahre alt. Von Korinths westlichem Hafen Lechaion am Golf von Korinth werden Schiffe und ihre Ladungen auf einem Wagen mit Muskelkraft über Land geschleppt. Den Schiffern erspart das einen Umweg von 325 Kilometern um den Peloponnes herum. An dessen Südspitze herrschen oft gefährliche Stürme. Zudem ist Zeit Geld – auch damals schon.

 

Caesar baute die Stadt als römische Kolonie wieder auf

Jahrhundertelang war Korinth eine bedeutende griechische Handelsmetropole. Gelegen an der West-Ost-Verbindung zwischen Adria und Ägäis sowie der Nord-Süd-Handelsroute vom griechischen Festland auf die Halbinsel Peloponnes, geschützt vom Hausberg des Akrokorinth und umgeben von fruchtbaren Ebenen bot sie immense Standortvorteile. Wären da nicht der Mensch und seine Machtgelüste.

Denn die Stadt, die Paulus betritt, ist gerade einmal 90 Jahre alt – mehr römisch als griechisch. Hier wird Latein gesprochen, und erst seit kurzem auch wieder Griechisch. 200 Jahre zuvor, im Jahr 146 v. Chr., haben die Römer das einst wohlhabende und mächtige Korinth mit zeitweise über 100 000 Einwohnern zerstört, die konkurrierende Handelsmacht dem Erdboden gleichgemacht. 44 v. Chr. ließ Julius Caesar sie als römische Kolonie wieder aufbauen. Dazu siedelte er freigelassene Sklaven aus Rom an. Bald wurde Korinth Hauptstadt der Provinz Achaia. 

Kurz bevor Paulus dort eintrifft, gesellen sich zu den hier lebenden Römern und Griechen viele Juden. Kaiser Claudius hat sie zwei Jahre zuvor aus Rom ausgewiesen. Unter ihnen Priska und Aquila, ein Ehepaar das wie Paulus als Zelttuchmacher arbeitet und den Apostel zunächst bei sich aufnimmt. Insgesamt bleibt Paulus 18 Monate in Korinth.

Die Stadt boomt. Handwerker und Kaufleute lassen sich nieder. Am zentralen Forum haben Juweliere und Bankiers ihre Geschäfte. Von den griechischen Göttern haben im römischen Korinth Aphrodite, Poseidon und Demeter überlebt. Ihnen werden – neben den römischen Göttern – Opfer gebracht. Darauf bezieht sich Paulus, wenn er später schreibt: „Selbst wenn es im Himmel und auf der Erde sogenannte Götter gibt – und solche Götter und Herren gibt es viele –, so haben wir doch nur einen Gott, den Vater“ (1 Kor 8,5–6). 

Der Streit um den Genuss von Opferfleisch aus den Tempeln, das auf den Märkten verkauft wird, und den Paulus in seinem Brief zu schlichten sucht, hat im religiösen Multikulti der Stadt seine Wurzeln. „Selfmade“-Männer, frühere Sklaven, setzen sich Denkmäler. Es herrschen Wettbewerb und Konkurrenzdenken. Auch die Christen sind nicht frei davon. Und so muss Paulus ihr Gerangel darüber, wer zu wem gehört und wer besser ist – Paulus, Apollon, Kephas oder Jesus Christus –, scharf zurückweisen.

 

Eine Gottesverehrung, die gegen das Gesetz verstößt

Als es in der jüdischen Gemeinde zum Krach kommt, klagen einflussreiche Leute Paulus beim römischen Prokonsul Gallio an: „Dieser verführt Menschen zu einer Gottesverehrung, die gegen das Gesetz verstößt.“ Gallio hört sich den Streit an, lässt aber die Klage nicht zu: „Streitet ihr über Lehre und Namen und euer Gesetz, dann seht selber zu!“ Der Prokonsul lässt den jüdischen Reformprediger gewähren, und so entsteht über die nächsten Jahrzehnte in Korinth eine lebendige Christengemeinde. Auch dort treffen einflussreiche Neureiche und arme Schlucker, griechische oder jüdische Traditionalisten, antike Esoteriker und Skeptiker aufeinander. 

Als Paulus später in Ephesus hört, wie es in Korinth drunter und drüber geht, schreibt er jenen Brief, den wir als 1. Korintherbrief kennen: „Jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl vorweg und dann hungert der eine, während der andere betrunken ist“, schimpft Paulus. Während Dienstboten und Sklaven ihre Arbeit so gerade noch schaffen, liegen die Wohlhabenden schon zu Tisch. Paulus: „Wollt ihr jene demütigen, die nichts haben?“ So muss er den Korinthern noch mal erklären, worauf es beim Herrenmahl ankommt.

Zudem gibt es theologische Streitigkeiten mit Ausfällen und Beleidigungen. Das spiegelt der 2. Korintherbrief wider. In der Auseinandersetzung mit den debattier- und experimentierfreu-
digen Korinthern klärt sich auch für Paulus manche theologische Einsicht.

Vermutlich im Jahr 56 besucht der Apostel Korinth ein letztes Mal. Und schreibt hier dann sein theologisches Hauptwerk, den Brief an die Gemeinde in Rom.

Von Roland Juchem


Dschungelcamper im Namen des Herrn

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Der Schauspieler Majowski fand im Kampf gegen die Sucht zu Gott und Glauben

Mit dem Komiker Markus Majowski ist in diesem Jahr ein bekennender Christ im RTL-„Dschungelcamp“ mit dabei. Der Schauspieler fand nach Alkoholabhängigkeit und Drogenexzessen zu Gott und macht alles andere als einen Hehl aus seiner Vergangenheit.

Dass die sogenannten Stars in der Sendung „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“ nur in den seltensten Fällen wirklich Stars, sondern meist nur hartgesottenen Fernsehzuschauern ein Begriff sind, ist klar. Das ist auch bei der nunmehr elften Staffel der Erfolgsserie IBES und bei Markus Majowki nicht anders. Bekannt wurde der Komiker einem breiteren Publikum vor allem mit den Fernsehpots der Telekom, für die Majowski ab 1997 mit echten Promis – etwa Ex-Radprofi und Tour de France-Sieger Jan Ullrich, dem längst verstorbenen Talkmaster Rudi Carrell oder Rocksänger Udo Lindenberg– vor der Kamera stand und Reklame machte. Seine Filme – „Höllische Nachbarn“ oder „7 Zwerge“ und die zum Teil nur schwer erträgliche Sat.1-Serie „Die Dreisten Drei – Die Comedy-WG“ (2002 bis 2008) sind da eher etwas für Liebhaber, um es mal neutral zu formulieren. 

Die zwölf Camper vor dem Einzug (Foto: RTL, Stefan Menne)

Inzwischen aber ist Majowski vor allem im Theater unterwegs. Auch sonst wirkt er irgendwie mehr „angekommen“ als früher. Wer ihn in diesen Tagen trifft, begegnet einem Menschen, der zu sich steht, der gerne lacht und keine Scheu hat, sich auch mal mit seinen Ecken und Kanten zu zeigen, der allerdings – zugegeben – manchmal auch ein wenig viel redet… Doch das alles kommt nicht von ungefähr. Seit einigen Jahren schon lebt Majowski abstinent von Alkohol und von Drogen. Zudem ist er überzeugt, „dass Jesus für mich gestorben ist“, wie er in seinem vor gut drei Jahren veröffentlichten Buch „Markus, glaubst du an den lieben Gott?“schreibt. Über sich selbst sagt Majowski: „Ich muss nicht mit jedermann gut stehen. Ich stehe gut mit Gott. Die Zeichen, die ich sehe, geben mir Hoffnung auf einen Sinn hinter allem.“ Neben seinem Glaubensbekenntnis berichtet der Schauspieler in seiner Biografie auch über seinen Kampf gegen die Alkoholabhängigkeit. 

"Beten war meine Lebensrettung"

Markus "Memento Mori"? (Foto: RTL , Ruprecht Stempell)

Dass Majowski aus seiner Vergangenheit keinen Hehl macht, und bisweilen sogar versucht daraus für sich Kapital zu schlagen – etwa in Form von Publicity und Sendezeit - wird schnell deutlich, wenn man ihn mal googelt. Dann sieht man, mit wem er schon so alles über sich und seine Umkehr plauderte – etwa 2015 mit Bibel TV. Auch im Interview mit dem ERF berichtete er jüngst recht freimütig über seinen Glaubensweg und den persönlichen Wandel. „Es macht mich stark, Stellung zu beziehen“, sagt er. Und erklärt, dass er heute anderen Menschen mit seiner Lebensgeschichte aus der Sucht heraushelfen will. 

Majowski selbst ist Mitglied in einer Selbsthilfegruppe, die, wie er sagt, „sich an christlichen Prinzipien orientiert“. Neben der Kapitulation vor der Sucht hätten ihm andere Süchtige dort vorgelebt, was es heißt „nicht immer Recht haben zu müssen, auch Fehler machen zu dürfen“. Oder im Hier und Jetzt zu sein, immer nur für 24 Stunden nüchtern zu bleiben und zu leben, wie sie in den sogenannten Zwölf-Schritte-Gruppen gerne sagen. 

Selbsthilfe mit christlichen Prinzipien

Auch mit den katholischen Kollegen von „Kirche und Leben“ hat der heute 52Jährige schon geredet. Und zwar direkt vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche , die ja jüngst erst zum Schauplatz eines schrecklichen Terror-Anschlags wurde. „Beten war meine Lebensrettung“, sagt Majowski, der natürlich auch in den Sozialen Netzen – etwa Facebook - inzwischen omnipräsent ist. Wenn er bete,„kommt Ruhe in mein Leben“. 

Diese Ruhe allerdings wird Majowski in den kommenden Wochen kaum haben. Das Dschungelcamp ist – dank Lagerkoller und ständigem Hungergefühl der „Insassen“ - bekannt für das Hochkochen permanenter sozialer Kleinstkrisen. Und anschließend wird bzw. muss Majowski erst mal für RTL auf „Promotion-Tour“ über die Dörfer ziehen… So ist das wohl, lieber Markus, wenn man seine nüchterne Seele an einen Privatsender verhökert… ;-) 

Ihr Webreporter Andreas Kaiser

Warum nannte Maria ihren Sohn nicht Immanuel?

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Anfrage

Maria gab ihrem Sohn auf Weisung des Engels im Traum den Namen Jesus. Kann Jesus dennoch der Messias namens „Immanuel“ sein, den der Prophet Jesaja (Jes 7,14) vorhergesagt hat? E. H., Berlin

Namen sind im Alten Testament oft zunächst einmal Bedeutungsträger und weniger eindeutige Identifikation. Man denke nur an die Namensänderungen von Abram zu Abraham oder von Saulus zu Paulus. Trotzdem ist es merkwürdig, dass Josef in einem Traum die Anweisung erhält, Maria zu sich zu nehmen und ihrem Sohn den Namen Jesus zu geben, damit sich die Prophezeiung Gottes durch Jesaja erfüllt: „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen und einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel (Gott-mit-uns) geben.“

Für den Evangelisten Matthäus ist dies kein Widerspruch. Matthäus will zeigen, dass sich in Person und Geschichte Jesu die Weissagungen der Propheten erfüllt haben. Die Gemeinde, zu der Matthäus gehörte, verstand sich nicht als neue christliche Gemeinde, sondern als die wahre Weiterführung des durch Jesus zu Gott gerufenen Volkes Israel. Daher war Jesus für ihn die Erfüllung des gesamten jüdischen Gesetzes und der Propheten des Alten Testaments. Und dies wollte er mit Schriftbelegen nachweisen.

Dass es im konkreten Fall keine Namensgleichheit von „Jesus“ und „Immanuel“ gibt, hat Matthäus dabei nicht gestört. Die Bedeutung des Namens „Immanuel“ war für den Messias Jesus stimmig. Bis heute ist es für Christen kein Problem, neben der Immanuel-Prophezeiung in Jes 7 auch die vom friedensstiftenden Kind in Jes 9, die vom Gerechtigkeit schaffenden Spross aus dem Stammbaum Isais in Jes 11 oder auch die Gottesknechtslieder Jesajas auf Jesus hin zu lesen und in ihm erfüllt zu sehen. Denn wer sonst könnte diesen endgültigen Frieden und diese göttliche Gerechtigkeit auf der Erde schaffen? 

Für Christen erfüllen sich die Prophezeiungen Jesajas in Jesus. Allerdings muss man aus heutiger Sicht zugeben, dass dies eine rein christliche Deutung der Texte ist. Andere, historisch naheliegende Deutungen sind ebenso möglich wie auch andere jüdisch-messianische Interpretationen.

Von Christoph Buysch

"Unmöglich" gibt's nicht

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Internationale Bischöfe besuchen Gaza

Die humanitäre Lage hat sich nicht verbessert, sondern verschlechtert. Das berichtet die internationale Bischofsgruppe, die Gaza besuchte.

Der französische Bischof Michel Dubost während des Gottesdienstes in der katholischen Pfarrei in Gaza. Foto: KNA

Es waren nur wenige Stunden, die die internationale Bischofsgruppe im Gazastreifen verbrachte. Die Bischöfe besuchten das einzige christliche Krankenhaus, sahen die Winterhilfe des christlichen Hilfswerks Catholic Relief Service und trafen auf einheimische Christen. Für ein umfassendes Bild der Lage in dem seit zehn Jahren abgeriegelten Landstrich war der Besuch zu kurz. Das Leiden und die Hoffnung der Menschen in Gaza aber kamen deutlich zu Wort.

Anderthalb Jahre nach dem letzten Krieg hat sich die humanitäre Lage im Gazastreifen weiter verschlechtert. Vertreter christlicher Einrichtungen berichten von immer drastischeren Stromausfällen; vier Stunden täglich funktioniert durchschnittlich die Stromversorgung, in manchen Teilen Gazas noch weniger. Nicht besser steht es um die Wasserversorgung, von der Verschmutzung der knappen Ressource nicht zu sprechen.

Das alles ist erst auf den zweiten Blick zu sehen, sagt der Bischof von Evry, Michel Dubost. Da sind die Eselskarren und das eingeschränkte Angebot der Marktstände, die Häuser, die mangels Stromversorgung mit einem batteriegespeisten Fernseher beleuchtet werden. Und doch sei "der erste Eindruck von Gaza der einer nicht besonders reichen, aber auch nicht besonders armen Stadt", ein "relativ normaler Eindruck". Woran es wirklich fehlt, sagt Bischof Dubost, spürt man "mit dem Herzen", nämlich dann, wenn man mit den Menschen spricht: Es ist die fehlende Freiheit, es sind die Träume, die angesichts der harschen Realität so unerreichbar scheinen.

 

Hoffnung auf bessere Zukunft nicht aufgeben

"In den wenigen Stunden, die wir jedes Jahr kommen, können wir wenig an der Lage verändern", sagte Bischof Dubost zu den Gaza-Christen, die zur Messfeier in die katholische Pfarrei gekommen waren. Was bleibt, ist "das Vertrauen auf Gott" und die Hoffnung, "dass ihr in Zukunft freier sein werdet".

Glaube, Hoffnung auf Freiheit und eine bessere Zukunft für ihre Kinder sind es, die die christliche Gemeinschaft in Gaza am Leben halten. Aber die Zahl der Christen schrumpft - von rund 2.000 vor vier Jahren auf gegenwärtig um die Tausend, so der katholische Pfarrer von Gaza, Mario Da Silva. Genaue Statistiken hat der Brasilianer nur für die Katholiken, deren Zahl im Vergleich zu den orthodoxen Christen stabil geblieben ist: 135 Gläubige zählt seine Gemeinde - nach einer Abwanderung und fünf Neugeborenen im vergangenen Jahr.

"Auf menschlicher Ebene besteht wenig Hoffnung auf Besserung der Lage", sagt Bischof Dubost. Doch es seien Sätze wie jener der Mitarbeiter im Al-Ahli-Krankenhaus, die trotzdem die Hoffnung nähren: "Das Wort 'unmöglich' gehört nicht zu unserem Wortschatz."

Diese Menschen, wie auch die Mitarbeiter von Hilfsprojekten "vollbringen Wunder", sagt Bischof Dubost. Damit lassen sie auf das Wunder hoffen, das die Menschen von Gaza so nötig haben. Der schwierige Alltag von zwei Millionen Menschen, vor allem aber deren enorme psychische Widerstandsfähigkeit geben das Bild, das die Bischöfe von 24 Stunden in Gaza mitnehmen. "Die Hoffnung", sagt der anglikanische Bischof Christopher Chessun (Southwark), "ist schwer auszulöschen".

kna

Gambia am Scheideweg

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Wenig Hoffnung auf friedliche Lösung

Präsident Jammeh will nicht gehen: Der neu gewählte Präsident Adama Barrow hat das Land verlassen. Wie es weitergeht, ist unklar.

Der neu gewählte Präsident Barrow (links) befindet sich zurzeit nicht in Gambia. Amtsinhaber Yammeh (rechts) will nicht zurücktreten. Es wird mit Ausschreitungen gerechnet, viele Menschen verlassen das Land. Fotos: wikimedia

Drei Tage vor der geplanten Amtsübergabe deutet im Ministaat Gambia nichts mehr auf einen friedlichen Machtwechsel hin. Offiziell muss der am 1. Dezember abgewählte Präsident Yahya Jammeh (51) am Donnerstag (19. Januar) die Amtsgeschäfte an Wahlsieger Adama Barrow (51) abgeben. Doch Jammeh denkt offenbar nicht daran.

In dem westafrikanischen Land mit knapp zwei Millionen Einwohnern gibt es nun stattdessen Anzeichen dafür, dass Jammeh versucht, seine Amtszeit offiziell verlängern zu lassen. Darüber berichtet der regierungskritische Pressedienst "JollofNews". Diskutiert werden soll das in einer dreitägigen Sondersitzung des Parlaments, die am Montag begonnen hat. 44 der 53 Abgeordneten gehören Jammehs Regierungspartei, der Allianz für patriotische Reorientierung und Aufbau (APRC), an. Ziel ist, das Mandat um vier Monate auszuweiten.

Denn erst im Mai soll der Oberste Gerichtshof in der Hauptstadt Banjul über die Rechtmäßigkeit der Wahlergebnisse entscheiden. Nachdem Jammeh zuerst seine Niederlage eingestanden hatte, klagte er eine Woche später über Unregelmäßigkeiten im Wahlverlauf. Der für 10. Januar angesetzte Gerichtstermin platzte, da nicht ausreichend Richter vor Ort waren. Bereits 2015 waren mehrere Richter aus dem Land geflohen, weshalb Gambia nun auf Ersatz aus Nigeria angewiesen ist. Von dort hieß es aber bereits im Dezember, dass vor Mai niemand geschickt werden könne.

Adama Barrow, der vor seiner Wahl als Immobilienmakler gearbeitet hatte, hält sich laut der senegalesischen Nachrichtenagentur APS mittlerweile in Dakar auf. Dort soll er bis zu seiner Amtseinführung auch bleiben. In das Nachbarland, das Gambia komplett umschließt, war bereits der Vorsitzende der Wahlkommission, Alieu Momar Njai, geflohen. Laut einem BBC-Bericht sollen inzwischen viele weitere Menschen Gambia verlassen haben.

 

Mögliche Ausschreitungen zum Stichtag

Grund dafür könnten mögliche Ausschreitungen ab Donnerstag sein. Dann endet das Ultimatum der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Auch die Afrikanische Union hatte vergangene Woche angekündigt, Jammeh ab 19. Januar nicht mehr als Präsident anzuerkennen. Will dieser weiterhin nicht zurücktreten, soll es eine militärischen Intervention unter Führung senegalesischer Truppen geben. Soweit will es aber eigentlich niemand kommen lassen.

Am Freitag waren erneut Nigerias Staatspräsident Muhammadu Buhari, Liberias Präsidentin und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf sowie Ghanas Ex-Präsident John Mahama zu Gesprächen nach Banjul gekommen. Tags zuvor war in Nigeria, dem bedeutendsten Land des Staatenbundes, außerdem über ein mögliches Asyl für Jammeh diskutiert worden. Damit sollte ihm offenbar eine Hintertür geöffnet werden. Fast zeitgleich hatte Barrow ihm angeboten, in Gambia bleiben zu können; man werde eine friedliche Lösung finden. Doch ohne Erfolg.

Yahya Jammeh war 1994 durch einen Putsch an die Macht gekommen. Seine Regierungspraktiken, etwa die Vollstreckung der Todesstrafe, wurden regelmäßig von Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Mit knapp zwei Millionen Einwohnern ist das Land aber politisch und wirtschaftlich für die Regionalorganisation ECOWAS stets zu unbedeutend gewesen, um politischen Druck zu machen.

In Westafrika ist es keineswegs das erste Mal, dass ein abgewählter Präsident den Rücktritt verweigert. Nach einer heiß umkämpften Stichwahl in der Elfenbeinküste erklärte die unabhängige Wahlkommission Oppositionskandidat Alassane Ouattara zum Sieger. Laurent Gbagbo ließ sich indes vom Verfassungsrat zum Wahlsieger ernennen. Bis April 2011 hatte das Land zwei Präsidenten. Während der Unruhen kamen mehr als 3.000 Menschen ums Leben.

KNA

Es geht auch einfacher

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Zwei Frauen versuchen nachhaltig zu leben. Ihre Erfahrungen und Tipps geben sie weiter

„Noch brauche ich Geld zum Leben“, sagt Margitta Goroncy und trinkt einen Schluck fairtrade-Kaffee aus einer Tasse. Die Tasse hat sie gebraucht gekauft. Den Baststuhl, auf dem sie sitzt, hat sie aus dem Sperrmüll. Ihr Credo: Einfach Leben.

Sie trinken fairtrade-Kaffee, sitzen an einem von der Straße gefischten Tisch und auf gefundenen Stühlen: Die Freundinnen Margitta Goroncy (l.) und Eva-Maria Walther kennen sich schon fast fünf Jahre und tauschen oft Tipps zum Nachhaltigen Leben aus. Foto: Marie Kleine

Es fing vor zwei Jahren an mit einem Artikel über Nachhaltigkeit und Teilen, den sie in die Hände bekam. „Ich engagiere mich seit 20 Jahren für den Umweltschutz“, sagt die 51-Jährige. „Ich will unsere Erde und ihre Ressourcen schützen.“ Also setzte sie sich immer mehr mit dem Thema auseinander und änderte ihren Lebensstil. „Ich weiß gar nicht, ob es nicht verboten ist, Sperrmüll von der Straße mitzunehmen. Aber wenn man die Stühle hier sieht oder den Tisch, fragt man sich, warum das andere wegschmeißen?“, fragt sie.

Kleidung, Bücher, Schmuck – alles prüft sie unter dem Aspekt Nachhaltigkeit. Dabei musste sie vor allen Dingen bei den Lebensmitteln kreativ werden. „Ich beziehe Erwerbsminderungsrente und kann nicht immer in Bioläden einkaufen oder fair gehandelte Produkte kaufen – auch wenn ich eigentlich davon überzeugt bin“, sagt die ehemalige Erzieherin. Deshalb geht sie auch einmal die Woche zur Essensausgabe, wo sie für 1,50 Euro eine Kiste mit Lebensmitteln erhält, die sonst von Supermärkten weggeschmissen würden. „Ich gehe da aus Prinzip hin – aber auch wegen des Geldes. Was ich spare, nutze ich, um mir etwas im Bioladen zu kaufen.“ Oft kocht sie zusammen mit Freundinnen, die sich auch für das Thema Nachhaltigkeit interessieren.

Zwischen komisch und interessant

Wie zum Beispiel die 39-jährige Eva-Maria Walther aus Hannover. Seit fast fünf Jahren sind die beiden befreundet. „Die einen finden das mit der Nachhaltigkeit interessant, die anderen eher komisch. Es ist eine Frage des Selbstbewusstseins, ob man sich für das Thema einsetzt“, sagt Eva-Maria Walther. Anders als Margitta Goroncy kam sie vom Thema Menschenrechte her zur Nachhaltigkeit. „Ich kann durch bewussteren Konsum mein Leben auch selbstbestimmter gestalten und dafür sorgen, dass Menschen in anderen Ländern besser leben“, ist sie überzeugt. Egal ob es um Anziehsachen oder ihre Wohnungseinrichtung geht – auch bei ihr zu Hause ist fast alles aus zweiter Hand, geschenkt oder fairtrade. „Immer mehr konsumieren – das ist ja auch im Sinne der Schöpfung bedenklich“, sagt die Christin, die in den Caritas- Werkstätten für das Qualitätsmanagement die Digitalisierung von Patientenakten aus dem Bernward Krankenhaus Hildesheim macht. „Für viele Konsumenten ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, wie die einzelnen Produkte produziert werden.“

„Für Geld kann ich nicht alles kaufen“

Um auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen, organisieren die beiden im ka:punkt in der Innenstadt von Hannover eine Tauschbörse mit vorherigem Kurzvortrag. Den beiden Nachhaltigkeitsexpertinnen geht es dabei aber nicht darum, andere Menschen komplett zu überzeugen. „Nicht jeder Mensch kann in allen Lebensbereichen nachhaltig leben. Manchmal geht es nicht wegen der Arbeit oder der finanziellen Mittel“, sagt Margitta Goroncy. Die gebürtige Bremerin, die der Liebe wegen nach Hannover kam, drückt beide Augen zu, wenn es um ihre Tochter Emmam (14) geht, die unter der Woche bei ihrem Vater wohnt und sie oft am Wochenende besucht. „Wenn sie etwas für die Schule braucht, bekommt sie das natürlich. Aber zum Glück geht sie auch gerne in Second-Hand-Läden. Sie ist da reingewachsen.“ Vieles lasse sich ja auch nicht mit Geld kaufen. Beispiele kennt Margitta Goroncy auf Anhieb: „Harmonisches Miteinander, Zeit und Glauben.“

Am Dienstag, 24. Januar, halten die beiden Referentinnen um 18:30 Uhr im ka:punkt (Grupenstraße 8, Hannover) einen Vortrag zum Thema Nachhaltigkeit. Anschließend findet eine Tauschbörse statt.

Marie Kleine

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