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Nicht einfach schließen

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Kommentar

Soll ein Krankenhaus geschlossen werden, dürfen die Verantwortlichen nicht nur auf die nackten Zahlen schauen. Oft hängt die Strukturpolitik einer ganzen Region daran. Ein Kommentar von Kerstin Ostendorf.

Wenn die Luft wegbleibt, das Herz poltert und der Schwindel zunimmt, dann zählt jede Minute. Bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall etwa ist schnelle und professionelle Hilfe überlebenswichtig. Doch was tun, wenn das Krankenhaus ein bis zwei Autostunden entfernt ist? Die Krankenhauslandschaft in Deutschland wird sich dramatisch ändern – offen ist nur, in welche Richtung.

Wer kennt das nicht? Auf einen Facharzttermin in einer Klinik wartet man Monate und für eine CT- oder MRT-Untersuchung braucht man viel Geduld. Einige Experten sagen: Das muss nicht sein. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass bei deutlich weniger Kliniken pro Einwohner die Qualität und die Leistungen besser ausfallen. Ein CT-Termin innerhalb von 24 Stunden, Fachärzte, die rund um die Uhr erreichbar sind und ausreichend Pflegepersonal. Ein Traum, den man durch Schließungen erreichen kann? 

Ganz so einfach geht es nicht. Die Situation in anderen Ländern lässt sich nicht eins zu eins für Deutschland umsetzen. Im Gegenteil: Solch pauschale Vorschläge helfen nicht weiter und beeinflussen die Diskussion einseitig. Denn es geht nicht nur um die nackten Zahlen und Kos-teneinsparung, es geht um die Frage: Welche Form von Gesundheitsversorgung wollen wir?

Auf der einen Seite ist es sinnvoll, kleinere Krankenhäuser zu schließen, wenn sie Verluste schreiben, nicht mehr in neue modernere Diagnostik investieren können und an Standorten sind, für die sich weder Ärzte noch Pflegepersonal anwerben lassen. Andererseits sind es heute oft diese kleinen Häuser, die im ländlichen Raum den fehlenden Allgemeinarzt ersetzen und Arbeitsplätze schaffen. Dank ihnen werden die meist älteren Patienten nicht völlig aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen. Bei der Frage, ob solche Häuser geschlossen werden sollten, hört die Gesundheitspolitik auf und wird zur regionalen Strukturpolitik. Hier allein über schlechte Finanzen die Daumenschrauben anzuziehen, ist eine Lösung, die dem komplexen Problem nicht gerecht wird.

Die kirchlichen Träger von Krankenhäusern stehen wirtschaftlich gut da. Sie haben den Vorteil, nicht wie viele private Träger, auf Gewinnmaximierung und eine gute Rendite aus zu sein. Und sie haben bereits jahrzehntelange Erfahrung mit Kooperationen untereinander. Denn das ist die zukunftsweisende Richtung: Wenn Häuser enger zusammenarbeiten, Abläufe optimieren und Patienten schnell weiterleiten, wird die hohe Qualität in Deutschland weiter steigen.

Von Kerstin Ostendorf


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