Weiteres politisches Chaos wurde vorerst abgewendet, doch die politische Lage im Kongo bleibt spannungsgeladen. Die katholischen Bischöfe versuchen zwischen der Opposition und dem Präsidenten Joseph Kabila, der über seine Regierungszeit hinaus im Amt bleiben will, zu vermitteln.
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Ein Gebet für den Kongo: Die katholische Kirche versucht in der politisch schwierigen Situation zwischen den Lagern zu vermitteln. Foto: kna |
Die Erleichterung war Marcel Utembi Tapa anzumerken. Man habe, so der Vorsitzende der Kongolesischen Bischofskonferenz, einen Kompromiss getroffen, der dem Land weiteres politisches Chaos erspare. Am späten Silvesterabend erreichte die katholische Kirche im Kongo mit der Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen den Unterstützern von Präsident Joseph Kabila und Vertretern der Opposition einen Durchbruch in einem politischen Patt, das den zweitgrößten Flächenstaat in Afrika seit Monaten lähmte.
Das Papier hält fest, dass Präsidentschaftswahlen "Ende 2017" abzuhalten sind. Bis dahin soll Kabila im Amt bleiben. Im Gegenzug wird der Präsident dazu verpflichtet, nicht für eine dritte Legislaturperiode zu kandidieren. Ebenso sind bis zu den Wahlen Änderungen an der kongolesischen Verfassung untersagt. Sie begrenzt die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Legislaturperioden.
Präsident klammert sich an die Macht
Eigentlich endete Kabilas Mandat bereits am 19. Dezember. Doch der Mann, der seit 16 Jahren an der Spitze des Kongo steht, klammert sich weiter an die Macht. Bereits sein Vater Laurent-Desire war bis zu seiner Ermordung im Januar 2001 Präsident des Kongo. Immer wieder gibt es Korruptionsvorwürfe gegen den Clan. Bei den ersten freien Mehrparteienwahlen 2006 wurde Joseph Kabila im Amt bestätigt, eine - allerdings umstrittene - Wiederwahl konnte er 2011 ebenfalls für sich entscheiden.
Die katholische Kirche, der rund die Hälfte der 77,5 Millionen Kongolesen angehört, gilt als ausgleichende Autorität in dem Land. Schon allein deshalb, weil sie als einzige Institution im Lande ihre Entscheidungen "von der Spitze der Hierarchie bis zur Basis durchsetzen kann", wie Kongo-Kenner Bob Kabamba von der Universität im belgischen Lüttich erläutert. Und so war es letztlich Kabila selbst, der in der Krise auf die Kirche als Vermittler baute.
Das Verhältnis des Präsidenten und seiner Familie zur katholischen Kirche ist schillernd und ähnlich komplex wie die im Vorfeld der Vereinbarung geführten Gespräche, die ursprünglich auf drei Tage angesetzt waren, tatsächlich aber drei Wochen dauerten. Kabila selbst ist Protestant, seine Frau Olive Lembe katholisch - und steht laut Darstellung des französischen Magazins "Jeune Afrique" dem Kardinal von Kinshasa, Laurent Monsengwo Pasinya, nahe. Der wiederum gilt als einer der gewichtigsten Gegner des Kurses von Kabila. Und dürfte neben dem Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Erzbischof Utembi, eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen gespielt haben.
Der "kongolesische Wojtyla"
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Kardinal Laurent Monsengwo Pasinya Foto: KNA |
Als "kongolesischer Wojtyla" werde er nicht nur von Katholiken auf dem afrikanischen Kontinent verehrt, schrieb unlängst die französische Zeitung "La Croix"über den 77-Jährigen. Der Vergleich mit dem späteren Papst Johannes Paul II. ist vielleicht ein wenig hoch gegriffen. Aber unbestritten ist, das Kardinal Monsengwo auch außerhalb des Kongo hohes Ansehen genießt. So berief ihn Papst Franziskus in den Kardinalsrat ("K9") zur Reform der Kurie.
Vor einer Woche forderte Monsengwo Kabila zum Loslassen auf: "Die Zeiten sind vorbei, als sich jemand nur mit Waffengewalt an die Macht klammern und sein eigenes Volk töten konnte!", wetterte er in seiner Weihnachtspredigt, die in vielen Kirchen des Landes verlesen wurde. Gut möglich, dass dies den Präsidenten zum Einlenken brachte, dessen Anhänger Präsidentschaftwahlen eigentlich erst für das Jahr 2018 in Aussicht stellen wollten. Nun könnten also schon in diesem Jahr die Weichen für einen Neuanfang im Kongo gestellt werden.
Ob die Vereinbarung, die am späten Silvesterabend unterzeichnet wurde, tatsächlich das Papier wert ist, auf dem sie steht, bleibt freilich offen. Der Leiter der UN-Friedensmission Monusco, Maman Sambo Sidikou, betonte vorsichtshalber schon einmal, es bleibe noch viel zu tun. Es gelte, die politische Stabilität im Land zu sichern, "indem jeder einzelne Punkt dieser neuen politischen Roadmap umgesetzt wird". Die Kirche, das zumindest steht fest, wird wohl auch in den nächsten Monaten eine Schlüsselrolle in der kongolesischen Politik spielen.
kna