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Warum sind die Könige heilig und die Hirten nicht?

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Warum werden die Weisen aus dem Morgenland als Heilige bezeichnet, die Hirten, die zur Krippe geeilt sind und neben Maria und Josef die ersten Anbeter waren, aber nicht? K. R., 57074 Siegen

Die heutige Art von Heiligsprechung gibt es erst seit dem 16. Jahrhundert. Vor allem in den ersten christlichen Jahrhunderten wurden bestimmte Personen irgendwann „heilig“ genannt. Etwa die im Wes-ten sogenannten „Heiligen Drei Könige“.

Dabei waren die keine Könige. Matthäus erwähnt nur „Sterndeuter aus dem Osten“ (2,1), nicht einmal eine Zahl. Das griechische Wort „magoi“ hat mehrere Bedeutungen (Magier, Sterndeuter, Weise) und kann daher später leicht weitere Übersetzungen annehmen. Mit dieser Geschichte sagt Matthäus: Auch die nichtjüdische Welt erkennt Jesus Christus als neuen König der Juden an. Danach veschwinden die Sterndeuter aus der Bibel – und die Volksfrömmigkeit nimmt sich ihrer an.

Sie gibt ihnen Namen – im Westen andere als in Syrien, Armenien oder Äthiopien. Weil Matthäus’ Erzählung auf Psalm 72,10 und Jesaja 60 anspielt – dort bringen Könige Geschenke –, wurden die „magoi“ bald als Könige gedeutet. Über sie gab es regional verschiedene Legenden, in denen sie irgendwann als Heilige bezeichnet werden.

Eine handelt von den Reliquien, die von Jerusalem über Rom nach Mailand gelangten. Von dort wurden die Gebeine der vermeintlich „ersten christlichen Könige“ 1164 mit viel Pomp nach Köln überführt und sehr populär. Weil sie in der Weihnachtsgeschichte vorkommen, wurde ihr Gedenken auf das Fest Erscheinung des Herrn (6. Januar) gelegt.

Die Hirten, von denen Lukas in seinem Evangelium erzählt, tauchen wie die Sterndeuter in der Bibel nicht weiter auf. Aber um sie ranken sich keine bekannteren Legenden. Erst im Mittelalter werden sie wiederentdeckt: bei religiösen Weihnachtsspielen und in den Krippendarstellungen rund um den Stall. Um sie ebenfalls „heilig“ nennen zu können, hätte man ihnen vielleicht Namen geben müssen. Aber das ist nicht geschehen. Hirten sind gut für friedvolle Szenerien, taugen aber nicht als historisch bedeutsame Persönlichkeiten wie Könige.

Von Roland Juchem


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