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Lohnt sich das denn noch?

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Niedrige Zinsen schaden Stiftungen

Die Sparzinsen sind im Keller. Das trifft besonders Förderstiftungen, die Geld einsammeln, um mit den Kapitalerträgen Gutes zu tun. Die Krise macht die Arbeit schwieriger – aber nicht unmöglich.

 

Grafik: istock/Kolkmeyer

Bauchschmerzen bei den Börsennachrichten der Tagesschau? Die hat Hubert Looschen nicht. Auch wenn es wieder heißt, die Aktienkurse seien gerade im Keller. Der Vorsitzende der kirchlichen Stiftung „Lüttke Lüe“ („Kleine Leute“) im oldenburgischen Garrel erinnert sich an so einen Abend. Er wusste: Die 10 000-Euro-Kapitalanlage der Stiftung in einen Aktienfonds war nur noch 9600 Euro wert. „Aber das war überhaupt kein Problem. Das sehe ich ganz gelassen“, sagt er. Sein Rezept: „Langfristig denken.“

Seit neun Jahren schüttet die Stiftung Geld für bedürftige Kinder und Familien im Ort aus, derzeit 10 000 Euro im Jahr, zum Teil Erträge aus dem Kapitalstock von derzeit 170 000 Euro, zum anderen Teil aus Spenden. Geld, das nie direkt an die Betroffenen geht, sondern über Lehrer, Erzieher oder Pfarrsekretärinnen vermittelt wird. „Das Prinzip hat sich bewährt“, sagt Hubert Looschen, pensionierter Schulleiter und Ständiger Diakon im Ort. 

 

Vor ein paar Jahren doppelt so viel Ertrag

Aber bedroht es nicht die Arbeit der Stiftung, wenn der Kapitalstock immer kleinere Früchte trägt? Zu spüren bekomme die Stiftung das „natürlich“, gibt Looschen zu. Die Zinseinnahmen betrugen 2015 insgesamt noch 3000 Euro. Dazu kamen unter anderem die Ausschüttungen aus einer 20 000-Euro-Anlage in einen besonderen Immobilienfonds für kirchliche Einrichtungen und aus einer 10 000-Euro-Einlage in einen Aktienfonds. Alles in allem gut 4000 Euro. „Vor ein paar Jahren war es noch doppelt so viel.“

Dass Looschen trotzdem zufrieden ist, liegt an der Gesamt-rendite von immer noch mehr als zwei Prozent. Möglich sei das dadurch, dass das Geld langfris-tig angelegt sei. Die Garreler Stiftung habe die Verträge schon vor Jahren abgeschlossen. Zum Beispiel einen Zehn-Jahres-Vertrag für 40 000 Euro über 2,8 Prozent, der noch bis 2022 laufe. Erst dann müsse neu überlegt werden. Auch habe sich sein Prinzip bewährt: langfristig denken. Hubert Looschen: „Das ist besser, als abzuwarten und auf das letzte halbe Prozent zu spekulieren, das es vielleicht noch hätte geben können. Der Schuss wäre dann wohl nach hinten losgegangen.“

Wie aber fängt die Stiftung den Rückgang bei den Zinsen und Dividenden auf?  „Indem wir zurzeit verstärkt Spenden verwenden“, erklärt der Kuratoriumsvorsitzende. Dadurch sei die Stiftung bisher immer auf die 10 000 Euro Hilfe im Jahr gekommen, die man sich zum Ziel gesetzt habe. Beträge bis 100 Euro werden direkt als Spende verwendet, bei größeren wird nachgefragt, wofür sie gedacht sind: als Spende oder für den Ausbau des Kapitalstocks.

Hubert Looschen ist nach wie vor überzeugt vom Modell Förderstiftung. Auch weil er sieht, wie damit die Idee, das Anliegen dahinter, in die Gemeinde getragen werden konnte und nach und nach eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst habe. „Mittlerweile sind wir eine Plattform geworden für Menschen, die für arme Kinder etwas Gutes tun wollen. Sie wissen: Es kommt an. Diese Spenden gleichen fehlende Kapitalerträge aus.“

 

Zur Sache: Was ist eigentlich eine Stiftung?

Wenn Menschen sich auf lange Sicht für einen gemeinnützigen Zweck einsetzen und dafür Teile ihres Vermögens einsetzen wollen, können sie eine Stiftung gründen. Ebenso können sich Menschen zusammenschließen und als Verein eine Stiftung gründen.

Die Stiftung hat die Aufgabe, das Vermögen möglichst sicher und gewinnbringend anzulegen. Die Überschüsse werden ausschließlich für den vom Stifter festgelegten gemeinnützigen Zweck ausgegeben.

Das gestiftete Vermögen selbst muss als Grundkapital der Stiftung erhalten bleiben. Der Stifter kann es nicht zurückfordern. Eine Stiftung kann in der Regel auch nicht aufgelöst werden.

Das Höhe des Stiftungskapitals bestimmt den Ertrag, also: je höher das Kapital, desto mehr kann ausgezahlt werden. Allerdings gehen heute mehr als 40 Prozent der Neugründungen mit weniger als 100 000 Euro Kapital an den Start, so dass in Zeiten niedriger Kapitalzinsen pro Jahr nur wenige Tausend Euro im Jahr für den Stiftungszweck verwendet werden können. Eine Alternative dazu sind „Zustiftungen“ bei bestehenden Initiativen.

Bei der Gründung entscheidet man sich für die Rechtsform der Stiftung. Verschiedene Organisationen, Bistümer oder die kirchliche Banken (Pax, DKM), bieten ausführliche Beratung.

Von Michael Rottmann


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