Die Anschläge von Würzburg und Ansbach bereiten Sorgen: Sind Flüchtlinge tickende Zeitbomben? Ein Kommentar dazu von Lisa Mathofer.
Ian Brown, Schwimmer auf einem privaten Rettungsschiff im Ägäischen Meer, zieht täglich Flüchtlinge aus dem Wasser und rettet sie vor dem Ertrinken. Er sieht Hunderte von ihnen nur kurz und danach nie wieder. Und trotzdem steht für ihn fest: „Wenn die Leute Zeitung lesen oder Nachrichten schauen, sollten sie sich in diese Menschen hineinversetzen“.
Eine Aufgabe, die vielen Menschen in Europa zurzeit nicht gerade leicht fällt. Das Misstrauen gegenüber Flüchtlingen ist nach den islamistischen Anschlägen in Würzburg und Ansbach enorm gestiegen. „Jetzt zahlt Bayern den bitteren Preis für seine Gastfreundschaft“: ein Beispiel einer undifferenzierten Meinung, die kurz nach den Anschlägen in der Augsburger Allgemeinen veröffentlicht wurde.
Flüchtlinge als tickende Zeitbomben? Eine angebliche Bedrohung, die viele Angela Merkels Politik der offenen Grenzen in die Schuhe schieben. Doch die Bundeskanzlerin bleibt ihrer Linie treu – trotz Kritik. Die gibt es auch vor allem gegen den Einsatz der Bundeswehr in Syrien: sich lieber fein raushalten und die Grenzen dicht machen, lautet der Gegenvorschlag. Doch wer den Islamischen Staat bekämpft, muss damit rechnen, dass die Anhänger ihre Angriffe und Wut in Syrien, aber auch in Europa verstärken und immer mehr Menschen in die Flucht treiben.
Das ist der größte Fehler, den wir machen können: Flüchtlinge nur als potenzielle Attentäter zu sehen und uns von ihnen fernzuhalten. Natürlich müssen die Grenzen stärker kontrolliert, dürfen aber auf keinen Fall dicht gemacht werden. Gerade jetzt brauchen Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, unsere Hilfe.
Gleichzeitig ist es schwer, die Taten politisch-religiös motivierter oder psychisch gestörter Einzeltäter vorherzusehen und komplett zu verhindern. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Das haben schon Winnenden (2009) oder Erfurt (2002) gelehrt. Auch künftig wird es immer wieder Taten geben, gegen die wir nicht alles Mögliche tun können.
Gerade deswegen aber sollten wir uns nicht auf Scheinlösungen einlassen, die nur das Gewissen ruhigstellen und mit unserem Misstrauen, Flüchtlingen dringende Hilfe versagen.
Jetzt müssen wir sie erst recht auf der Flucht begleiten und in unser Land holen, aber auch versuchen, den Frieden in ihrer Heimat wiederherzustellen. Damit sie durch unsere Angst und unser Misstrauen nicht auch in Europa zum Opfer der Menschen werden, vor denen sie geflohen sind.
Von Lisa Mathofer