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Ein gespaltenes Reich

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Kommentar

Wer macht das Rennen ums Weiße Haus? Hillary Clinton oder Donald Trump? Diese Frage bewegt die Welt. Doch die USA bewegen derzeit noch mehr Fragen. Ein Kommentar von Roland Juchem über ein tief gespaltenes Land.

In der nächsten und übernächsten Woche bestimmen die beiden US-Parteien ihre Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen im November. Macht dann Hillary Clinton das Rennen oder doch Donald Trump? Das ist die Frage, die die Welt bewegt.

Die US-Amerikaner selbst erregt derzeit noch mehr die Frage: Steuern wir auf einen neuen Rassismus, auf Spaltungen und Misstrauen zu? Nach weiteren Tötungen von schwarzen US-Bürgern durch weiße Polizisten und dem gezielten fünffachen Mord eines afroamerikanischen Veteranen an weißen Polizisten in Dallas sorgen sich nicht nur Bürgerrechtsbewegungen wie „Black Lives Matter“ („Schwarze Leben zählen“), sondern auch Polizisten und Politiker um den gesellschaftlichen Frieden.

Die USA sind von einem zweifachen Misstrauen gespalten, das so schnell nicht zu heilen ist: Erstens von einem weit verbreiteten jahrzehntelangen Misstrauen gegen das politische Establishment, im Wahlkampf verkörpert durch die liberale, sozialdemokratische Hillary Clinton, die viel mehr Geld in ihren Wahlkampf werfen kann als der vermeintliche Milliardär Donald Trump.

Der wiederum spielt den Revoluzzer gegen das politische Establishment. Dass seine teils abstrusen Thesen von Fachleuten und Medien reihenweise als falsch entlarvt werden, stört wenige. Auf ihn setzen vor allem weiße Arbeiter und Mittelschichtsangehörige, obschon sie zu den Nutznießern eines der wenigen Erfolge des enttäuschenden Obama gehören, der Gesundheitsreform.

Der zweite Spaltpilz ist das Misstrauen zwischen Schwarz und Weiß, wachsender Rassismus, angeheizt durch die Debatte um die Tötungen Schwarzer durch Polizisten. Dabei zeigt eine Erhebung der Harvard-Universität in zehn großen Polizeidistrikten: Zwar werden schwarze Verdächtige von Polizisten brutaler behandelt als andere, aber die Polizei schießt nicht häufiger auf sie. An der öffentlichen Wirkung der skandalösen Tötungen in den vergangenen Jahren ändert das nichts. Nicht nur Latinos in USA beobachten die Entwicklung mit Sorge. Katholiken fordern von ihren Bischöfen deutlichere Worte gegen Polizeigewalt. Die Bischöfe wiederum sorgen sich, dass Polizisten, von denen viele Katholiken sind, unter Generalverdacht geraten.

Nach der überzogenen Euphorie um den „Messias“ Obama driftet die Supermacht USA nun in die andere Ecke von Misstrauen und weiteren Spaltungen. Ein Reich aber, das gespalten ist, hat keinen Bestand. Das gilt nicht nur für die USA.

Von Roland Juchem


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