Es wäre das erste orthodoxe Konzil seit über 1200 Jahren gewesen. 55 Jahre lang vorbereitet, ein Signal der Einheit und zeitgemäßer Seelsorge. Doch drei Tage vor Beginn, nach der fünften Absage, droht es vorerst zu scheitern.
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Die Oberhäupter der orthodoxen Kirche im März 2014 in Istanbul bei ihrem fünften Vorbereitungstreffen für das Konzil. Foto: Reuters |
Am vergangenen Samstag feierte Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel seinen Namenstag. Recht gefreut hat er sich wohl nicht: Zwar gratulierten ihm die Mitbrüder der 13 anderen orthodoxen Mutterkirchen. Doch nicht alle wollen teilnehmen am Panorthodoxen Konzil, das er jahrelang mit vorbereitet hat. Am Montag kam dann aus Moskau die Absage der größten Kirche, der russischen, mit der Begründung, das Konzil drohe die Orthodoxie zu spalten, anstatt sie zu einen.
Dabei hatten Ende Januar bei ihrem letzten Spitzentreffen in Genf so gut wie alle Kirchenoberhäupter den sechs Textvorlagen und der Verfahrensordnung für das „Heilige und Große Konzil“ vom 19. bis 26. Juni auf Kreta zugestimmt, ihre Teilnahme zugesagt. Doch dann kamen Absagen.
Zuerst vom Patriarchen von Antiochien, der sich mit seinem Jerusalemer Amtsbruder darüber streitet, wer die orthodoxen Christen im arabischen Raum betreuen soll. Dann sagten die Georgier ab. Die waren im Januar bereits früher abgereist, weil ihnen das Dokument über die Ehe nicht passt.
Es folgten die Bulgaren: Einflussreiche reaktionäre Kreise bei ihnen halten jeden ökumenischen Kontakt für Häresie. Dass das Konzil freundliche Worte über andere Kirchen finden sollte, gefällt ihnen gar nicht. Tatsächlich erwarten Theologen durch ein Konzil bessere Beziehungen auch zwischen Orthodoxen und Katholiken.
Eine Absage folgt der nächsten
Am Ende sandte der serbische Patriarch Irinej eine freundliche Absage: zu viele Punkte seien strittig; daher solle das Konzil verschoben werden. Alternativer Vorschlag: das jetzige Treffen herunterzustufen als „vorkonziliare Versammlung“ ohne die engen Regeln eines formellen Konzils.
Im Ökumenischen Patriarchat war man enttäuscht, hielt zunächst aber an Konzil und Tagesordnung fest. Andere orthodoxe Oberhäupter und zuletzt rund 1000 orthodoxe Theologen weltweit beschworen die „Absager“, nach Kreta zu kommen. Dabei sollten dort ohnehin nur Themen beraten werden, über die grundlegende Einigkeit herrschte: Mission, Diaspora, Fasten, Ehe, Autonomie von Kirchen und Ökumene.
Was das Scheitern so schmerzhaft macht: Das Konzil sollte ein Zeichen orthodoxer Einheit werden. 1200 Jahre lang gab es kein solches Treffen, auch weil die Kirche entweder zu eng mit Kaisern und Zaren verbandelt oder unter islamischen Sultanen und kommunistischen Regimen geknechtet war. Dass nach der Befreiung mancherorts nationalistische statt geschwisterlicher Gefühle die Oberhand haben, macht es nicht leichter.
Sollte Bartholomaios der Idee einer heruntergestuften Versammlung zustimmen, fiele ihm das schwer. Sie wäre aber besser als weiterer Streit.
Von Roland Juchem