Tag der Organspende: Politiker und Ärzte werben für mehr Vertrauen und Information. Fakten rund um das Thema Transplantationsmedizin.
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"Richtig. Wichtig. Lebenswichtig." war das Motto des Tags der Organspende. 82 Prozent der Befragten in einer Umfrage stehen der Organspende positiv gegenüber. Foto: kna-bild |
Mit einer zentralen Veranstaltung wurde der bundesweite Tag der Organspende begangen. Unter dem Motto "Richtig. Wichtig. Lebenswichtig." warben Ärzte und Politiker dafür, dass Bürger sich über die Transplantationsmedizin informieren und ihren Willen schriftlich festhalten. Das Vertrauen war in den vergangenen Jahren stark gesunken: Seit 2012 wurden an mehreren Transplantationszentren Manipulationen entdeckt; in der Folge sank die Bereitschaft zur Organspende dramatisch.
Wie groß ist der Bedarf an Organspenden?
Auf den Wartelisten für ein Spenderorgan stehen derzeit rund 10.200 Patienten. Rund 1.000 von ihnen sterben jedes Jahr, ohne dass sie ein Spenderorgan erhalten.
Wie denken die Bürger über die Organspende?
Eine neue Umfrage zeigt leicht steigende Zahlen beim Wissen und bei der Zustimmung zur Organspende. So stehen 82 Prozent der Befragten einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber. Lediglich 31 Prozent haben aber einen Organspendeausweis.
Wie viele Organe werden jährlich gespendet?
Seit 1963 wurden in Deutschland mehr als 125.000 Organe transplantiert. Nach dem Transplantationsskandal im Jahr 2012 sank die Zahl der Organspenden auf einen absoluten Tiefpunkt. 2015 zeichnte sich eine leichte Stabilisierung ab: Die Zahl der Organspender stieg bundesweit um 1,5 Prozent auf 877. Insgesamt kamen in Deutschland 10,8 Spender auf eine Million Einwohner (2014: 10,7). Die Anzahl der in Deutschland gespendeten Organe sank allerdings leicht und lag bei 2.900 Organen. Zugleich konnten bundesweit 3.083 Organe transplantiert werden.
Welche Organe können gespendet werden?
Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauschspeicheldrüse und Dünndarm können von einem verstorbenen Spender übertragen werden. Außerdem lassen sich Gewebe wie Hornhaut oder Knochen verpflanzen. Ein einzelner Organspender kann bis zu sieben schwer kranken Menschen helfen. Neben der Spende nach dem Tod ist es möglich, eine Niere oder einen Teil der Leber bereits zu Lebzeiten zu spenden. Lebendspenden sind aber nur unter nahen Verwandten und einander persönlich eng verbundenen Personen zulässig.
Welche Voraussetzungen gelten für eine Organspende?
Damit Organe nach dem Tod entnommen werden können, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss eine ausdrückliche Zustimmung des Spenders oder der Angehörigen vorliegen und der Hirntod muss eindeutig festgestellt worden sein.
Wie gelangt das Organ vom Spender zum Empfänger?
Eine Organentnahme nach dem Tod ist in jedem der rund 1.300 Krankenhäuser mit Intensivstation durchführbar. Die Krankenhäuser sind verpflichtet, einen Transplantationsbeauftragten zu ernennen. Er informiert dann die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Sie vermittelt unabhängige Fachärzte, die die Hirntoddiagnostik durchführen. Die Untersuchungsergebnisse zu Spender, Blutgruppe und Gewebemerkmalen leitet der Koordinator an die europäische Organvermittlungsstelle Eurotransplant weiter, die mit Hilfe der Daten der Patienten auf der Warteliste die passenden Empfänger ermittelt und die zuständigen Transplantationszentren informiert. Die Zentren, von denen es derzeit 47 in Deutschland gibt, verständigen den Empfänger und führen die Transplantation durch.
Nach welchen Kriterien werden die Organe vergeben?
Für die schwer kranken Patienten werden Wartelisten geführt und Punkte vergeben, deren Kriterien die Bundesärztekammer festlegt. Die Platzierung der Patienten richtet sich vor allem nach den medizinischen Kriterien der Erfolgsaussicht und der Dringlichkeit. Auch werden die Gewebeverträglichkeit und die Wartezeit gewichtet. Patienten in akuter Lebensgefahr werden vorrangig behandelt.
Wie kam es zu den Manipulationsvorwürfen?
Beteiligten Ärzten wird vorgeworfen, dass sie Patienten kränker darstellten, damit sie auf der Warteliste für Transplantationen weiter nach oben rutschen. Als Grund für das Fehlverhalten nannte Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery unter anderem «strukturelle Anreize aus der Krankenhausfinanzierung, aus dem Wettbewerbsstreben einzelner Krankenhäuser und auch aus dem vermeintlichen Streben nach Ruhm und Ehre». Mediziner beklagen grundsätzlich eine starke Konkurrenz um Organe zwischen deutschen Kliniken; deshalb solle die Zahl der Transplantationszentren vermindert werden.
Wie können Manipulationen verhindert werden?
Nach den ersten bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten 2012 hat die Bundesärztekammer schärfere Kontrollen beschlossen. Danach entscheidet eine interdisziplinäre, organspezifische Transplantationskonferenz am Behandlungszentrum darüber, ob ein Patient auf die Warteliste aufgenommen wird. Damit wurde das «Mehraugenprinzip» umgesetzt. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) hat zudem Vertreter von Bund und Ländern stärker in ihren Stiftungsrat eingebunden. Das soll neues Vertrauen schaffen. Geplant ist zudem ein Transplantationsregister, das dafür sorgen soll, dass Angehörige der Spender und jeder Arzt nachvollziehen können, was mit den entnommenen Organen geschehen ist.
Gibt es auch gesetzgeberische Maßnahmen?
Im Sommer 2013 hat der Bundestag eine Reform des Transplantationsgesetzes beschlossen. Das Gesetz sieht für Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, um Patienten «unberechtigt zu bevorzugen», eine «Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe» vor. Zudem wurde festgelegt, dass die Bundesärztekammer künftig die von ihr formulierten Transplantationsrichtlinien dem Bundesgesundheitsministerium zur Genehmigung vorlegen muss. Bereits 2012 hatte das Parlament ein Gesetzespaket verabschiedet, das den Krankenkassen vorschreibt, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen seitdem alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantationsbeauftragten ernennen.
kna
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Grafik: kna-bild |