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Eine Schule im Endspurt

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St. Ansgar in Bremerhaven schließt als katholische Grundschule

Es ist still auf dem Flur der St.-Ansgar-Schule in Bremerhaven. Nur aus zwei der vielen Klassenzimmern dringen leise Geräusche. Die beiden vierten Klassen sind die einzigen, die noch hier unterrichtet werden.

Die Schüler der Klasse 4a sind mit die letzten, die noch in St. Ansgar unterrichtet werden.     Foto: Albert

In sechs Wochen endet mit dem Schuljahr in Bremerhavens Norden eine Ära. Die Schule schließt im 50. Jahr ihres Bestehens ihre Türen für immer. Zumindest als katholische Schule, denn seit dem Frühjahr steht fest, dass Bremerhaven die Schule als städtische Schule weiter betreiben wird.

Keine Paten für die „Kleinen“

Julius, Lara, Leni und die anderen Kinder haben auf dem Schulhof viel Platz zum Toben und Fußball spielen – auch auf dem Klettergerüst ist immer etwas frei. Die drei Schüler der 4a gehören zu den letzten 50 Schülern, die St. Ansgar besuchen. Denn seit 2012, als das Bistum Hildesheim die Schließungspläne für die katholische Grundschule bekannt machte, sind keine neuen Schüler mehr eingeschult worden.

Alle drei gehen gerne hier zu Schule, sie finden nur schade, dass sie jetzt, wo sie endlich die „Großen“ sind, nicht Paten für kleinere Schüler sein können. Auch, dass ihre kleine Schwester Lisa auf eine andere Schule geht als sie selbst, findet Leni (9) doof. Sonst ist die Grundschulzeit der Viertklässler aber ganz normal verlaufen – mit Unterricht, Klassenfahrten und Spielen auf dem Schulhof.

Genau das ist Direktor Alois Brand und seinen beiden verbliebenen Kolleginnen Andrea Schwirten-Patzelt und Maria Melchers in den letzten Monaten wichtig gewesen: „Für die Kinder sollte alles weiterlaufen wie gehabt“, sagt Brand, der selbst seit 1980 an der Schule unterrichtet, seit 2003 als Schulleiter. Noch immer herrsche eine gewisse Fassungslosigkeit darüber, dass die Schule in katholischer Trägerschaft geschlossen wird. „Gerade wenn man jetzt sieht, dass diese Schule so dringend in Bremerhaven benötigt wird“, betont Brand. Denn die Stadt sucht händeringend nutzbaren Schulraum – den fand sie jetzt in der St. Ansgar-Schule und kaufte das Gebäude der Gemeinde ab.

Saniert werden soll vorerst nicht, die Schule sei nutzbar, heißt es aus der Stadtverwaltung. Für die Eltern, Lehrer und Schüler der St. Ansgar-Schule eine bittere Aussage. Denn letztlich hatte das Bistum 2012 wegen der Sanierungskosten in Höhe von 1,24 Millionen Euro entschieden, die Schule zu schließen, zumal im Jahr zuvor die katholische Stella-Maris-Grundschule im Zentrum von Bremerhaven eröffnet worden war. Auch ein von Eltern, Lehrern und Ehemaligen erarbeitetes Alternativkonzept, welches erheblich hätte Kosten sparen können, wurde damals vom Generalvikariat nicht akzeptiert. Alle Proteste halfen nichts. 

Schule mit viel Leben erfüllt

Doch Alois Brand will alte Wunden nicht neu aufreißen, auch wenn der Schmerz noch erkennbar tief sitzt bei allen Beteiligten. „Letztlich steht für uns alle das Wohl der Schüler im Vordergrund“, erklärt Brand. Auch Kollegin  Andrea Schwirten-Patzelt betont das: „Wir haben die Schule in den letzten Jahren mit viel Leben erfüllt und haben hier eine wirklich gut funktionierende kleine Schule, auch wenn die Schüler eben immer weniger wurden.“
Und so ist nun auch in diesen letzten Wochen alles ganz normal. Die letzten Tests und Klassenarbeiten werden geschrieben, die Zeugnisse und der Übergang auf die weiterführende Schule stehen für die Viertklässler bevor. Bis zum letzten Tag am 23. Juni wird deshalb gelernt, gespielt und gelebt in St.Ansgar.

Kurz vor Schuljahresende steigt am 18. Juni aber noch eine große Jubiläums- und Abschiedsparty. Im Vordergrund soll dabei das Fröhliche stehen: das 50-Jährige Bestehen der Schule, die 1966 in einem kleinen Nebenraum der benachbarten St.-Ansgar-Kirche ihren Betrieb aufnahm und im Jahr darauf in das neue Gebäude nebenan zog. Etwa 2600 Schüler sind im Lauf dieser 50 Jahre von mehr als 60 Lehrern an der katholischen Grundschule St. Ansgar unterrichtet worden. Lara, Leni, Julius und die anderen Viertklässler werden zu den letzten gehören.

Die Abschlussveranstaltung am 18. Juni beginnt um 15 Uhr mit einem Dankgottesdienst. Danach gibt es ein Wiedersehen ehemaliger Schüler und Lehrer und parallel wird ein großes Sommerfest auf dem Schulhof mit Hüpfburg, Zaubershow und einem Überraschungsgast von Werder Bremen gefeiert.

Martina Albert


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