Der Dominikanerorden begeht weltweit sein 800-jähriges Bestehen. Kloster und Gemeinde St. Albertus Magnus in Braunschweig feiern ein ganzes Jahr lang mit.
Was das Wirken des einzigen Männerklosters in Braunschweig ausmacht, wo die Herausforderungen für die Zukunft liegen und welche Schwerpunkte beim Jubiläumsprogramm gewählt wurden, erläutert Pater Fritz Wieghaus.
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Die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen ist Pater Fritz Wieghaus (ganz rechts) und seinen Mitbrüdern ein besonderes Anliegen. Foto: Susanne Hübner |
Vor 800 Jahren wurde im südfranzösischen Toulouse der Orden der Prediger – ursprünglich der Name der Dominikaner – ins Leben gerufen. Was bedeutet das für Ihren Auftrag?
Es ist ja ureigenster Auftrag des Ordens der Predigerbrüder, das Evangelium zu verkünden und zum Heil der Menschen beizutragen. Für mich persönlich bedeutet dieser Auftrag, das Evangelium, die Frohe Botschaft ins Heute zu übersetzen. Die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen ist mir in der Verkündigung wichtig, besonders in den Familiengottesdiensten. Dabei setze ich auf einen erfahrungsorientierten Ansatz. Die Bibel beschreibt Erfahrungen in Geschichten und deutet sie religiös. Menschen machen auch heute Erfahrungen mit Liebe, Leid und Tod und eine Predigt kann die Aufgabe übernehmen, sie religiös zu interpretieren. Dabei muss nicht jeder diese Deutung annehmen.
Seit wann sind die Dominikaner in Braunschweig?
Ein erster Dominikanerkonvent in Braunschweig wurde vor gut 700 Jahren gegründet. Mit der Reformation mussten 1528 die Patres die Stadt verlassen und zogen nach Halberstadt. 1958 wurde die inzwischen mit zeitgenössischer Kunst gestaltete Dominikanerkirche mit Kloster in der Brucknerstraße inmitten des Universitätsviertels errichtet. Das historische Gebäude stand bis zum Abriss 1902 gegenüber vom Dom. Spuren des alten Klosters finden sich mit dem originalen Paulanerchor im Landesmuseum Hinter Aegidien und in der Kirche St. Aegidien. Hier stammt die Kanzel aus der alten Dominikanerkirche.
Erfahrungen rund um Liebe, Leid und Tod ziehen sich durch die Religion, Musik, Kunst und Kultur. Wie begegnen die Dominikaner diesen Themen?
Wir begegnen dem mit besonderen Formaten. So zählen neben unserer Gemeindearbeit auch Predigtreihen, Vorträge, Kunst im Kloster, Orgelausklang im Kloster, Lyrikabende oder szenische Lesungen dazu. Das Kloster möchte ein kulturelles und geistliches Zentrum sein, in dem sich Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Weltanschauungen begegnen. Momentan leben und arbeiten im Kloster sechs Dominikaner mit unterschiedlichen Aufgaben. Das Spektrum reicht von Gemeindearbeit über Seminare im ordenseigenen Bildungshaus, dem Las Casas-Haus bis hin zu Akademikerseelsorge, Ehe-, Familien- und Lebensberatung sowie Krankenhausseelsorge.
Im Jubiläumsjahr liegt der Schwerpunkt der Angebote bei den dominikanischen Wurzeln. Was bedeuten für Sie diese Wurzeln und der dominikanische Geist?
Der dominikanische Geist hat etwas mit lebenslangem Studium und der Auseinandersetzung mit aktuellen Themen zu tun. Deshalb sind die Klöster inmitten von Städten angesiedelt. Außerdem gehören Offenheit, weite und demokratische Strukturen dazu, die bereits der Heilige Dominikus grundgelegt hat. Auf Suchende zuzugehen, auch auf jene, die am Rande von Kirche und Gesellschaft stehen, ist dabei ein wichtiger Aspekt.
Wie äußert sich das im Jubiläumsprogramm?
Wir haben in jedem Jahr ein umfangreiches Programm. 2016 haben wir Elemente aus den letzen Jahren übernommen und sie mit dominikanischen Themen belegt. So führt die traditionelle ökumenische Wallfahrt die Pilger im Mai in das ehemalige Dominikanerkloster St. Katharinen nach Halberstadt. Die jährlichen Fastenpredigten waren durch die großen Denker unserer Orden – sei es Meister Eckhard, Katharina von Siena oder Dominikus – von dominikanischem Geist geprägt.
Bis zu 900 Gläubige besuchen Ihre vier Gottesdienste am Wochenende. Ist das ein Erfolg und wo liegen die Herausforderungen für die Zukunft?
Erfolg ist keine Vokabel Gottes, aber natürlich beflügelt uns der gute Zuspruch. Manchmal hören wir: „Wir kommen wegen der Predigt.“ Es freut mich, wenn die Verkündigung als ansprechend erlebt wird und ich spüre, dass die Menschen eine hohe Erwartungshaltung an die Predigt haben. Hier stehen wir heute. Ein Jubiläum ist Anlass, auch in die Zukunft zu blicken: Welchen Beitrag können die Dominikaner im 21. Jahrhundert leisten, wie wollen wir uns positionieren?
Und zu welchem Ergebnis kommen Sie?
Wir haben genauso wie alle anderen in der Diözese personelle Probleme. Die Zukunft ist ungewiss, Nachwuchsprobleme sind nicht zu leugnen. Unsere Rolle wird bescheidener werden, aber das Jubiläum ermutigt uns, mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten den dominikanischen Auftrag zu leben.
Interview: Sabine Moser