Die ersten Flüchtlinge sind aus Griechenland in die Türkei gebracht worden. Im Gegenzug landeten unter anderem 32 Syrer in Hannover. Sie dürfen in Deutschland bleiben.
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Die ersten Flüchtlinge, die illegal nach Griechenland eingereist sind, wurden in die Türkei gebracht. Foto: kna-bild |
Am Montag sind die ersten 202 Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei gebracht worden. Unter den Angehörigen verschiedener Nationen seien nur wenige Syrer gewesen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Die Rückführungen seien sehr friedlich verlaufen. Im Gegenzug seien insgesamt 32 Mitglieder schutzsuchender syrischer Familien mit dem Flugzeug in Hannover angekommen. In den kommenden Tagen werde der Austausch fortgesetzt. Der Start des EU-Türkei-Abkommens wurde unterschiedlich bewertet.
Der Bamberger katholische Erzbischof Ludwig Schick forderte einen "menschlich sensiblen und rücksichtsvollen Umgang" mit den betroffenen Flüchtlingen. Viele "sind wirklich traumatisiert und sehen auch keinen Weg mehr zurück", sagte Schick der Katholischen Nachrichten-Agentur. Dies habe er bei seinen Besuchen in mehreren Flüchtlingslagern in den letzten Tagen erlebt. Und wenn diese traumatisierten Menschen die Rückführung nicht verstünden, dann werde "sie für sie die Hölle", denn "Recht ohne Menschlichkeit wird unmenschlich".
Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl äußerte sich besorgt über die Rückführung der Schutzsuchenden. Das Verfahren sei ein "Akt der Unmenschlichkeit". "Auf Kosten der Schutzbedürftigen wird ein rechtswidriges Exempel statuiert", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in Berlin.
Scharfe Kritik von der Opposition
Die Opposition übte hingegen scharfe Kritik und stellte die Rechtsförmigkeit der Aktion infrage. Grünen-Chef Cem Özdemir forderte die Unionsparteien auf, die Christen in dem muslimisch geprägten Land "nicht ganz" zu vergessen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter warf der EU im Sender N24 Prinzipienlosigkeit vor.
Die Außenpolitikexpertin der Linken, Sevim Dagdelen, sagte, die Türkei sei weder sicherer Drittstaat noch ein sicheres Herkunftsland, da sie weiter Flüchtlinge in die Kriegsgebiete Irak und Syrien abschiebe. "Damit wird Unrecht staatlich organisiert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu haben laut Seibert in einem Telefonat die Flüchtlingsvereinbarung zwischen der EU und der Türkei bekräftigt. Die Türkei nimmt dem Abkommen gemäß Migranten zurück, die illegal in die EU eingereist sind. Die EU will dafür eine ebenso große Zahl an syrischen Flüchtlingen aus der Türkei aufnehmen. Zugleich hat die EU der Türkei insgesamt sechs Milliarden Euro an Flüchtlingshilfe für die kommenden Jahre zugesagt.
Zur Rücknahme übermittelt die Türkei dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR eine Liste Schutzbedürftiger, wie ein Sprecher des Innenministeriums erläuterte. Die EU-Länder teilen dem UNHCR zugleich mit, wie viele Flüchtlinge sie aufnehmen wollen. Vor einer Übernahme fänden eine Sicherheitsüberprüfung und ein Identitätsabgleich statt. Als Kriterien gelten demnach unter anderem die Schutzbedürftigkeit, die Einheit von Familien sowie vorhandene Beziehungen, die für eine Integration förderlich sein könnten. Deutschland will im Rahmen des EU-weiten Ressetlement-Programms von 22.504 Personen zunächst 1.600 Schutzsuchende übernehmen.
kna