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Was heißt: "In Sünde empfangen?"

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Beim Lesen von Psalmen habe ich oft Probleme mit dem Inhalt; besonders aber bei Psalm 51, Vers 6: „in Sünde hat mich meine Mutter empfangen“. Können Sie mir diesen Satz erklären? B. L., 06895 Zahna

 

Psalm 51 ist ein sogenannter Bußpsalm. Der Beter bittet Gott um Barmherzigkeit und Vergebung seiner Sünden. Nicht von ungefähr ist der Psalm durch die Überschrift mit der Geschichte von der großen Sünde Davids verbunden worden, als er Batsebas Mann an die Front schickte, um selbst mit ihr zusammenzukommen. So beginnt der Psalm mit der Bitte an Gott, die eigene Schuld zu vergeben. Eigene Schuld und eigenes Verbrechen werden eingestanden, woran sich der Satz anschließt: „Siehe, in Schuld bin ich geboren und in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.“

Damit will der Beter keineswegs die Sünde von sich fortschieben, da er sie geerbt habe. Ebenso wenig ist an eine Verfehlung der Mutter oder der Eltern gedacht. Auch nicht daran, dass die Zeugung selbst Sünde gewesen sei. Hier wird vielmehr daran erinnert: Jeder Mensch lebt vom Beginn seines Lebens an in einer Gesellschaft, in der Schuld ein strukturelles Problem ist, dem man nicht entrinnen kann.

Schon die biblische Urgeschichte sieht, dass der Mensch einen Hang zum Bösen hat (Beginn der Noah-Geschichte), dass er gegenüber seinem Nächsten (Kain und Abel) und gegenüber Gott (Paradiesvertreibung) schuldig wird.

Auch in unserer modernen Welt ist leicht nachzuvollziehen, dass wir uns einer gewissen Schuld kaum entziehen können: Durch unseren Konsum tragen wir Mitschuld an ungerechter Bezahlung andernorts, durch unsere Lebensweise an einer Verschlechterung des Klimas, als begrenzte Menschen erkennen wir oft nicht, wo unsere Hilfe oder Liebe nötig ist.

Möglicherweise hat der Psalmbeter so weit nicht gedacht. Doch in seiner Bitte um die Barmherzigkeit Gottes weiß er, dass ein Menschenleben nicht möglich ist, ohne schuldig zu werden. Er weiß, dass er von Beginn seines Lebens an schuldig werden kann und bittet darum Gott in Vers 12: „Ein reines Herz schaffe mir, Gott, und einen beständigen Geist mache neu in mir.“

Von Christoph Buysch


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