Papst Franziskus empfiehlt, im „Jahr der Barmherzigkeit“ die vierzehn „Werke der Barmherzigkeit“ praktisch zu tun. Und wann würde das besser passen als zur jetzt beginnenden „österlichen Bußzeit“? Unsere Serie will dabei helfen.
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Die Buntglasfenster von Koloman Moser zu den Werken der Barmherzigkeit aus der "Kirche am Steinhof" in Wien begleiten uns durch die Fastenzeit. Foto: wikimedia/Thomas Leidl |
Vierzehn Werke? So viele? Ja, so viele. Genauer: zweimal sieben. Die sieben „leiblichen Werke“ bekommt noch ungefähr zusammen, wer Jesu Rede vom Weltgericht kennt (Matthäus 25,31–36): „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig ...“. Wer genau liest, merkt aber: Jesus nennt nur sechs gute Werke. Das letzte Werk „Tote bestatten“ kam im Laufe der Zeit hinzu, um die Zahl sieben zu erreichen: Sieben, die Zahl der Fülle.
Hungrige speisen, Obdachlose aufnehmen, Gefangene besuchen – das klingt nach einem Aufgabenkatalog der Caritas. Und tatsächlich haben sich in unserer Kirche viele „leibliche Werke der Barmherzigkeit“ professionalisiert. Einerseits hat das gute Gründe, andererseits bleibt die Frage: Reicht es, nur zu zahlen?
Papst Franziskus meint: Nein. Selber machen, macht selig. Und es tun auch viele: in der Nachbarschaft, im Familien- und Freundeskreis, im Ehrenamt. Beispiele finden sich bis Ostern in ihrer Kirchenzeitung und im Internet – und vielleicht regen sie an, selber aktiv zu werden und ein „Werk der Barmherzigkeit“ ganz praktisch zu tun.
Barmherzigkeit heißt nicht nur, materielle Not zu lindern
Aber Sozialarbeit ist nicht alles und Barmherzigkeit heißt nicht nur, materielle Not zu lindern. Das wird in den sieben „geistlichen Werken der Barmherzigkeit“ deutlich, denn Menschen sind nicht nur leiblich arm. „Es gibt auch geistlich Arme: ohne die Speise der Gerechtigkeit, ohne den Trank der Gotteserkenntnis, solche, die das Kleid Christi entbehren … Es gibt Fremdlinge, deren Herz obdachlos ist, solche, geistig Blinde, in ihrem Ungehorsam ...“. Das predigte der heilige Johannes Chrysostomos schon im 4. Jahrhundert und bis heute hat sich daran wenig geändert. Diesen Armen zu helfen, ist ein „geistliches Werk der Barmherzigkeit“.
Sünder ermahnen, Zweifler beraten, Trauernde trösten, bereitwillig verzeihen – das sind vier der wiederum sieben (!) unbekannteren Werke. Sie zeigen: Barmherzigkeit ist nicht oberflächliches „Alles geht“, kein gleichgültiges „Wenn das dein Weg ist …“ Barmherzig ist es auch, Menschen auf den richtigen Weg, auf den Weg Gottes (zurück-) zu führen. Sicher liebevoll, einfühlsam und nicht von oben herab – aber doch klar in der Sache. Übrigens auch im Umgang mit sich selbst und im Blick auf Barmherzigkeit, die wir selber brauchen.
Die vierzehn Werke der Barmherzigkeit. Sicher muss nicht jeder alles tun, das wäre ja unbarmherzig. Aber wenn jeder etwas tut, sieht die Welt besser aus. Heiler, barmherziger, gottähnlicher. Und der Papst hat recht: Wann sollen wir anfangen, wenn nicht jetzt in der Fastenzeit?
Von Susanne Haverkamp
Der erste Teil der Fastenserie: