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Ort ist älter als bislang vermutet

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Archäologen präsentieren Untersuchungsergebnisse in Rollshausen

Anfangs ging es nur um notwendige Renovierungsarbeiten am Holzfußboden. Was sich in der Rollshäuser Kirche St. Margareta darunter verbarg, erfreute nicht nur die kirchenhistorisch interessierten Gemeindemitglieder.

Olaf Oliefka (von links) und Frank Wedekind vom Archäologenteam erläutern den Gemeindemitgliedern Claudia Nordmann-Pohl, Donata Bode und Monika Pamin ihre Ergebnisse. Foto: Fricke

Beim Ausbaggern in der Kirche St. Margareta sind die Bauarbeiter auf einen harten Untergrund gestoßen. Nach ersten Untersuchungen wird schnell klar, dass es sich dabei um historische  Steinfundamente handelt – und die sollen zunächst archäologisch untersucht werden. So stoppt das Bischöfliche Generalvikariat die Bauarbeiten Ende Oktober 2014 und beauftragt die Archäologenfirma Streichardt und Wedekind mit den Ausgrabungen.
Beim Freilegen zeichnen sich die Grundrisse zweier Vorgängerkirchen der heutigen, 1904 errichteten Rollshäuser Kirche ab: „Eine Kirche, in der Kirche, in der Kirche – wie nach dem Schachtelprinzip der russischen Holzpuppen“, beschreibt es Firmenchef Frank Wedekind.

Die Vorgängerkirche war ein neun Meter breiter und circa 22 Meter langer einschiffiger Saalbau. Anhand einer Gravur auf einer Reliquie datieren die Experten das Gotteshaus auf das Jahr 1639. Zusätzlich erkennbar war der Sockel des Altarfundaments. Vom Erscheinungsbild her passt diese Vorgängerkirche gut in die typische Bauart der Eichsfelder Dorfkirchen, betonen die Archäologen.

Erste Kirche eventuell schon aus spätromanischer Zeit

Für die Fachleute unerwartet war der Fund von Überresten eines noch älteren Gotteshauses, der vielleicht ersten Kirche Rollhausens. „Spätromanisch oder frühgotisch“, vermutet der Experte. Außerdem wurde das Fundament eines achteckigen Wehrturms frei gelegt. Auch ein Grablager mit Knochen aus unterschiedlichen Epochen entdecken die Archäologen. „Aus Gründen der Pietät haben wir die menschlichen Überreste an Ort und Stelle gelassen“, erklärt Frank Wedekind.

Aufschlussreich für die Archäologen waren die zahlreich gefundenen Ton- und Keramikscherben, anhand derer sich die Zeitspanne relativ gut einordnen ließ. „Da sind auch alte Stücke aus vorchristlicher Zeit dabei“, erläutert Grabungstechniker Olaf Oliefka. Konsistenz, Einschlüsse und die Magerung – eine Technik in der Keramikherstellung, bei der zu fetter Ton mit Sand oder Scherben vermengt wird – ließen darauf schließen, dass die Gefäße am offenen Feuer gebrannt wurden. Im Mittelalter gab es aber schon Öfen, in denen gebrannt wurde, betont der Archäologe: „Die Stücke sind viel härter und teilweise schon von Glasuren überzogen.“

Die Ausstellung der Funde und die Präsentation der archäologischen Ergebnisse nach Abschluss der Renovierungsarbeiten in der Kirche hat großen Anklang in der Gemeinde gefunden. Für die Besucher der Ausstellung war es faszinierend, sich anhand der Funde vorzustellen, wie alt der Kirchort eigentlich ist: „Die Chronik unseres Ortes muss neu jetzt neu geschrieben werden“, sagt Claudia Nordmann-Pohl vom Kirchenvorstand. Dass die Gegend vermutlich schon viel früher besiedelt war, hat viele Rollshäuser erstaunt und mit Stolz erfüllt. Die meisten Dorfbewohner fühlen sich ihrer Heimat und der Kirche sehr verbunden  – und opfern selbst viele Stunden, um das Gotteshaus instand zu halten.

Verschiedene Sitzordnungen durch Stühle möglich

Einige Kirchenbänke konnten nicht mehr aufgearbeitet werden. Ersatz hat die Gemeinde bei einer Nachbargemeinde gefunden, die Stühle abzugeben hatte. „Wir haben ein tolles ehrenamtlich arbeitendes Team, das in den letzten Monaten 105 Stühle neu bezogen und angestrichen hat“, erklärt Nordmann-Pohl. Diese Stühle ermöglichen es der Gemeinde jetzt, die Sitzmöglichkeiten flexibel auf die Anforderungen bei Gebetskreisen oder Gottesdiensten anzupassen.  

Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten erstrahlt zwar der Kirchenraum in neuem Wandstrich und Bodenbelag, dennoch bleiben Wünsche: Gerne würde die Gemeinde auch den Altarraum sanieren und eine kleine elektrische Orgel anschaffen.


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