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Vergessene Krisen

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Lage in Burundi, Zentralafrikanische Republik und Südsudan

Burundi, Südsudan, Zentralafrikanische Republik - diese Konflikte geraten in Vergessenheit. Doch die Lage dort spitzt sich zu.

Ein Mann betet in einer Kirche im zentralafrikanischen Bangui. Im November besuchte Papst Franziskus die Krisenregion. Foto: kna-bild

Syrien, Afghanistan oder Irak: Die Ländernamen haben sich in diesem Jahr vielen Europäern eingeprägt. Hunderttausende Menschen sind aus diesen Konfliktregionen über Meer, Land oder Luft in die Europäische Union gekommen. Die Flüchtlingskrise, wie sie vielerorts genannt wird, beschäftigt Politik und Gesellschaft täglich. Sudan, Südsudan, Zentralafrikanische Republik oder Burundi sind Namen, die selten fallen. Dabei spitzen sich die Krisen dort weiter zu, und das Leid der Bevölkerung ist unermesslich. Aber die Menschen kommen nicht nach Europa. Sie fliehen in Nachbarländer oder bleiben in der Konfliktregion. Die Krisen schwelen abseits der Aufmerksamkeit.

Ende November reiste Papst Franziskus in die Zentralafrikanische Republik - er mahnte die Religionen und unterschiedlichen Volksgruppen zum Frieden und forderte ein Ende der Kämpfe zwischen den verfeindeten Milizen. Seit dem Sturz von Präsident Francois Bozize vor rund zwei Jahren bekriegen sich in der Region die vorrangig muslimischen Seleka- und die christlichen Anti-Balaka-Milizen. Das Leid trägt die Bevölkerung: Jeder zweite der knapp fünf Millionen Einwohner ist auf der Flucht. Über die Zahl der Toten gibt es nur Schätzungen. Auf dem Human Development Index liegt die Zentralafrikanische Republik auf einem der letzten Plätze. 
 

Sudan/Südsudan: "Beispiellose humanitäre Krise"

Ein Schauplatz gleich mehrerer unüberschaubarer Konfliktherde bleiben der Sudan sowie der Nachbarstaat Südsudan. Ärzte ohne Grenzen warnt im Südsudan vor einer "beispiellosen humanitären Krise" und Hungersnot. Die Gewalt ufere aus. Im besonders betroffenen Bundesstaat Unity kommt es nach Berichten des Hilfswerks täglich zu Entführungen, Massenvergewaltigungen und Tötungen. Trotz eines im August geschlossenen Friedensvertrags bekämpfen sich die Rebellen und Regierungstruppen weiter. 

Misereor-Regionalreferentin Barbara Schirmel blickt mit wenig Zuversicht auf die Entwicklung in der Region. "Ich habe das Gefühl, dass sich das nicht so schnell befrieden lässt." Die Nachbarländer hätten in dem Konflikt im ölreichen Südsudan ihre ganz eigenen Interessen, und es gebe kaum gebildeten Nachwuchs, der das Land politisch von innen stabilisieren und wiederaufbauen könnte. 

Im ganzen Land gebe es 123 Ärzte und die höchste Rate an Müttersterblichkeit weltweit, berichtet Schirmel. Für Hilfswerke werde die Arbeit zudem stetig schwieriger: Es gebe Überfälle auf Hilfskonvois und keinen funktionierenden Sicherheitsapparat. Die Fähigkeit, Konflikte ohne Waffen zu lösen, sei in dem Land verloren gegangen.

Auch der Nachbarstaat Sudan ist krisengeplagt. So lässt die Regierung in der Hauptstadt Khartum keine offiziellen Hilfen für die unterversorgte, abgeschnittene Bevölkerung in den Nuba-Bergen zu. Der Darfur-Konflikt ist seit zehn Jahren unbefriedet und hat rund 2,6 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. 
 

Burundi: Warnung vor einem Völkermord

Der emeritierte sudanesische Bischof von El Obeid, Macram Max Gassis, wird wütend, wenn er über die politischen Kräfte in seiner Heimat spricht: "Die islamisch-fundamentalistische Regierung in Khartum glaubt, ein 'göttliches Mandat' zu haben und will über alle Menschen regieren. Das ist utopisch." 

Der Sudan sei ein multiethnisches, multikulturelles und multireligiöses Land. "Ein solches Land kann nicht regiert werden, wenn die verschiedenen Gruppen nicht ihre Rechte haben", betont Gassis. Zugleich beklagt er fehlendes Interesse und Hilfe der Weltgemeinschaft. "Sie wollen es nicht sehen und hören, was im Sudan passiert."

1.200 Kilometer südlich ist der Konflikt erst in diesem Jahr vollends entbrannt. Nach der illegitimen Wiederwahl von Präsident Pierre Nkurunziza in Burundi warnen Beobachter vor einem Völkermord. Staatliche Sicherheitskräfte und Teile der Opposition liefern sich blutige Gefechte. Binnen sechs Monaten sind nach Angaben von Menschenrechtlern Hunderte Menschen getötet worden und mehr als 200.000 geflohen.

Der Papst sprach Flüchtlingen aus Burundi auf seiner Afrika-Reise in Kenia Mut zu. Für den emeritierten Bischof Gassis ein schwacher Trost. "Wer erzählt dem Papst vom Sudan? Wir sind die vergessene Nation."

kna


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