Im Angesicht des Krieges - die Welt rüstet auf, Koalitionen und Allianzen werden geschmiedet, andere rasseln aneinander. Wo soll das enden? Ein Kommentar von Roland Juchem.
„Vor den Feiertagen geht der Teufel auf Stelzen“, lautet ein resignierendes Sprichwort. In diesem Jahr – so scheint es – hat der Leibhaftige schon weit vor den Feiertagen die Marschstiefel geschnürt. „Face à la guerre“ – Angesichts des Krieges –, begann François Hollande seine Ansprache nach den Terroranschlägen von Paris am 13. November.
Unter diesem Vorzeichen schmiedet er seither eine weitere Allianz, die in den brodelnden Konflikt im Nahen Osten eingreifen soll. Den heizen bereits an: die Terrormiliz des IS, Truppen des Assad-Regimes, iranische Revolutionsgarden, die Hisbollah, irakische Regierungstruppen sowie kurdische und syrische Milizen. Seit einigen Monaten sind zudem die Russen mit Luft- und wohl auch Bodentruppen dabei.
Der Türkei, neben Iran und Saudi-Arabien die dritte Regionalmacht, die ihren Einfluss ausdehnen will, passt das nicht. Schon sind Moskau und Ankara aneinandergerasselt. Erdogan und Putin verfügen wohl nicht über die notwendige Größe, ihre Schritte auf den Pfad des Friedens zu lenken. Und der Westen droht die gleichen Fehler zu machen wie George W. Bush nach dem 11. September 2001, der seine „Koalition der Willigen“ nach Afghanistan und in den Irak führte – ohne zu wissen, wie man da wieder herauskommt.
Die Strategen des IS derweil lachen sich ins Fäustchen. Sie treiben das „ungläubige“ Europa in einen Krieg, in dem man sich gar mit den Schlächtern des Assad-Regimes zusammentun will. (Zudem werden seit Jahren die ideologischen Scharfmacher in Saudi-Arabien mit Öl-Dollars und Waffen gemästet.)
Bei seinem Besuch in Berlin warnte der libanesische Patriarch Bechara Raï: Muslime in der arabischen Welt betrachten jede Entscheidung einer westlichen Regierung als christliche Entscheidung. Und manche rächen sich an den Christen im Nahen Osten als vermeintlichen Verbündeten des Westens. Wer aber sagt ihnen, was christlich ist und was westliches Wirtschaftsinteresse?
Sollte zudem der Eindruck entstehen, dass ein Europa, das sich zunehmend entsolidarisiert,
seine Grenzen vor allem für Muslime schließt – manche Scharfmacher legen das nahe –, dann, so warnt der Antònio Guterres, Hoher UN-Flüchtlingskommissar, „ist das die beste Propaganda für den IS“. Der kann dann noch leichter Terroristen rekrutieren.
Die weitere Entwicklung hängt nicht allein an militärischen Erfolgen. Sie hängt auch ab von Tonfall und Wortwahl in Medien und Netzwerken.Wohl dem, der sich traut, mit Worten des Friedens und des Dialogs des Teufels Stelzen zum Stolpern zu bringen.
Von Roland Juchem