Finanzen, Prunksucht, Vetternwirtschaft: Die neuen Enthüllungsbücher rund um den Vatikan sind mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, schreibt Susanne Haverkamp in ihrem Kommentar. Und Papst Franziskus helfen sie bei seinen Aufgaben auch nicht weiter.
Enthüllungsbücher sind immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Das gilt auch für das frisch vorgestellte Vatikanbuch des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi. Seine Quellen will er nicht preisgeben – durchaus üblich im Enthüllungsjournalismus, aber dennoch fragwürdig in Sachen Seriösität. Auch manche seiner Interpretationen sind mindestens umstritten. So ist etwa der „Peterspfennig“ seit jeher „für den Dienst des Papstes“ bestimmt – und nicht ausschließlich für die Armenfürsorge.
Dem Buch im Detail mit einer gewissen Skepsis zu begegnen, heißt aber nicht, dass ihm sämtliche sachlichen Grundlagen fehlen. Es gibt Verschwendung im Vatikan; es gibt üppige Luxuswohnungen in bester Lage, die von einem Kardinal und zwei Ordensschwestern als Haushaltshilfen bewohnt werden; es gibt Protz und Prunk; es gibt Ausgaben für dubiose Finanzgeschäfte, neben denen die Gaben für die Armen wie Brotkrumen erscheinen. Und sicher gibt es jede Menge Vetternwirtschaft und „eine Hand wäscht die andere“ – wie es in Italien nicht unüblich ist.
Vermutlich wurde Franziskus auch deshalb zum Papst gewählt, weil ihm Kardinäle aus aller Welt zutrauten, diesen „Augiasstall“ auszumisten. Aber Franziskus ist kein Herkules, der nur die Schippe für den großen Kehraus zur Hand nimmt. Er versucht, die schlimmsten Missstände zu beseitigen – auch durch „personelle Konsequenzen“. Aber vor allem will er den Stil im Vatikan verändern und das nicht durch radikale Säuberungen, sondern vor allem durch eigenes Vorbild. Die bescheidene Wohnung, der Kleinwagen – das sind Symbole für einen Stil jenseits von Herrschaftsdenken und Standesdünkel. Ein Papst, der sein Tablett selber trägt und anderen die Tür aufhält – manch ein „Würdenträger“ mag das lächerlich finden, gar respektlos dem päpstlichen Amt gegenüber; andere bringt es vielleicht ins Nachdenken, ob der eigene Lebensstil die Botschaft Jesu nicht eher verdunkelt als beleuchtet.
Ist ein solches Buch, wie das von Nuzzi, für dieses Vorhaben hilfreich? Der Papst selbst bezweifelt das, vor allem, wenn dafür interne Dokumente über Missstände an die Öffentlichkeit gegeben oder gar verkauft werden. Vertraulichkeit zu verraten, kann genausowenig der Weg sein, wie Missstände zu verschleiern. Letztlich lebt die Kirche von Gesinnung. Von glaubhaften Zeugen für die Botschaft Jesu, von Menschen, bei denen Predigt und Leben übereinstimmen. Im Vatikan und anderswo. Und die wird man eher durch gutes Vorbild als durch Schlammschlachten überzeugen.
Von Susanne Haverkamp