Mitarbeitergespräche sind in vielen Unternehmen üblich - und meist ist der Gang zum Chef besonders beliebt. Mit welchen Gefühlen die 67 katholischen Bischöfe Deutschlands am Montag zu ihrem traditionellen "Ad-Limina-Besuch" nach Rom reisen, ist nicht bekannt.
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Zum "Mitarbeitergespräch" beim Papst: Die deutschen Bischöfe reisen nach Rom. Foto: kna-bild |
Fest steht, dass sie bei ihren Gesprächen mit Papst Franziskus und den unterschiedlichen Ministerien im Vatikan die enge Verbindung zwischen den Bistümern in Deutschland und der Weltkirche betonen wollen - und das in einer Zeit, in der die katholische Kirche ganz neu über Einheit und Vielfalt, die Macht der Zentrale und die Kompetenzen der einzelnen Bischöfe und Regionen der Weltkirche nachdenkt.
Für den Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, ist klar, dass die Bischöfe nicht einfach zum Rapport bestellt werden. "Wir können auch in großer Freimut Dinge in Rom vortragen", sagte er im Gespräch mit dem Internetportal katholisch.de: "Es findet ein wirklicher Austausch statt."
Immerhin neun Jahre haben die deutschen Bischöfe auf diesen gemeinsamen Besuch warten müssen - und das, obwohl das Kirchenrecht eigentlich einen Fünf-Jahres-Rhythmus vorschreibt. Ihren letzten Ad-limina-Besuch absolvierte die Bischofskonferenz 2006 beim 2005 gewählten "deutschen" Papst Benedikt XVI. Papstrücktritt, Papstreisen, kirchliche Großereignisse und eine wachsende Zahl von Bischofskonferenzen weltweit haben die Fünf-Jahres-Frist schon seit längerem überholt. Jedes Jahr reisen einige Hundert Bischöfe aus aller Welt zu einem Ad-Limina-Besuch nach Rom.
Auch die Länge der Visiten hat deutlich abgenommen: Waren früher zwei Wochen reserviert, so sind diesmal gerade sechs Tage vorgesehen. Das ist nicht zuletzt der hohen Arbeitsbelastung des Papstes geschuldet, der gerade schwierige Reisen nach Kuba und in die USA sowie die Weltbischofssynode zu Familienfragen geschultert hat und bereits am 25. November nach Afrika reist.
Drei Gruppen-Audienzen
Auf die deutschen Bischöfe wartet daher ein kompaktes Programm: Anders als sein Vorgänger empfängt Papst Franziskus nicht jeden Bischof einzeln, sondern gewährt drei Gruppen-Audienzen, wobei sich verschiedene Kirchenprovinzen zusammenschließen. Die Abschlussaudienz für alle 67 Bischöfe ist für den 20. November geplant. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass es dabei auch um die Ergebnisse der Weltbischofssynode zu Familienfragen und Sexualität geht. Auch die seelsorgliche Situation in den Bistümern ist ein großes Thema: Im Vorfeld muss jeder Ortsbischof einen 50 bis 100 Seiten umfassenden Bericht zum Zustand seiner Diözese abliefern.
Zentral für den Ad-limina-Besuch sind die Eucharistiefeiern der Bischöfe an den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus sowie in den Patriarchalbasiliken San Giovanni in Laterano und Santa Maria Maggiore. Auf dem weiteren Programm stehen unter anderem ein Besuch bei der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl, die von Annette Schavan geleitet wird, und in der Kommunität der Gemeinschaft von Sant'Egidio.
Der Begriff "Ad-limina-Besuch" rührt von den seit dem 4. Jahrhundert belegten Pilgerfahrten zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom her. "Visitatio ad limina Apostolorum", Reise an die Schwellen der Apostelgräber, lautet die ursprüngliche lateinische Bezeichnung.
Die Ad-limina-Besuche in ihrer heutigen Form gehen auf Papst Sixtus V. (1585-1590) zurück. 1585 legte er in der Bulle "Romanus Pontifex" fest, dass die deutschen Bischöfe sowie jene der meisten anderen europäischen Länder in regelmäßigen Abständen - zunächst alle vier Jahre - persönlich in Rom zu berichten hatten. Im Zuge des Konzils von Trient (1545-1563), das eine Reform der Kirche einleitete und eine verstärkte Hinwendung zur Seelsorge propagierte, sollte auf diese Weise ein engerer Kontakt zwischen dem Papst und den Bischöfen hergestellt werden.
Lange Zeit war es allerdings keineswegs selbstverständlich, dass ein Bischof den Papst in Rom aufsuchte. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein bildete dieser Fall eher die Ausnahme - nicht zuletzt wegen der beschwerlichen mehrwöchigen Anreise.
kna