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Badehosen und Bürokratie

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LABORA betreut 47 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge / Internat mit 24-Stunden-Betreuung

Zwischen Anfrage und Einzug lagen nur wenige Wochen. Die katholische LABORA betreut nun 47 Flüchtlinge unter 18 Jahren in einem Internat – 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.

Freizeit vor der neuen Heimstatt: Junge Flüchtlinge beim Volleyballspielen vor dem Berufsbildungszentrum in Hildesheim. In einer der Etagen ist das LABORA-Internat untergebracht. Foto: Wala

Im Amtsdeutsch heißen sie gekürzelt „UMF“ – unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie sind unter 18 Jahre alt und kommen ohne Eltern oder erwachsene Verwandte nach Deutschland. „Unbegleitete Flüchtlinge genießen besonderen Schutz“, erläutert Reiner Kaste, Geschäftsführer des katholischen Sozialunternehmens LABORA.
Das betrifft unter anderem die Unterkunft, die Gesundheitsvorsorge und die Schulbildung. „Und dann schreibt der Gesetzgeber noch vor, dass minderjährige Flüchtlinge in Obhut zu nehmen sind“, betont Kaste (siehe Stichwort) Hier kommt ein Sozialunternehmen wie LABORA ins Spiel, das beispielsweise Jugendliche in Jugendwerkstätten qualifiziert.

Aus zehn wurden schnell 47 Flüchtlinge

„Wir sind vom Landkreis Hildesheim angesprochen worden, ob wir uns die Betreuung von jungen Flüchtlingen vorstellen können“, berichtet Kaste. Das Ganze allerdings unter Zeitdruck und für eine immer weiter steigende Zahl von Flüchtlingen: „Aus den knapp zehn, von denen am Anfang die Rede war, sind jetzt 47 geworden.“
Fast alle kommen aus Afghanistan, ein Flüchtling stammt aus Syrien, ein weiterer aus Togo. Sie werden von einem Team aus Sozialpädagogen, pädagogischen Hilfskräften und Dolmetschern betreut: „Alle Mitarbeiter haben wir in den letzten zehn Tagen eingestellt.“

Untergebracht ist das LABORA-Internat im Berufsbildungszentrum. Dessen Träger, die Handwerkskammer Hildesheim,  hat in ihrem Internat eine Etage freigeräumt. Betten und Schränke sind vorhanden, die Jugendlichen in Drei-Bett-Zimmern untergebracht. Die Verpflegung kommt aus der Großküche des BBZ. Auch an den Freizeitangeboten können die Flüchtlinge teilnehmen. „Die Bedingungen sind wirklich gut“, meint Kaste.

Jugendliche bleiben wohl drei bis vier Monate

Von Heim will der LABORA-Geschäftführer nicht reden, eher von Internat: „Wir wollen uns natürlich in Zusammenarbeit mit dem Landkreis  um ihre Zukunft kümmern.“. Drei bis vier Monate werden die Jugendlichen dort voraussichtlich bleiben

Jetzt bewegt sich das Leben im Internat zwischen Badelatschen udn Bürokratie. Die Jugendlichen müssen zu ihrer Situation und Flucht befragt werden.  Dieses Gespräch ist entscheidend für ihren weiteren Weg. Auch medizinisch werden die Jugendlichen durchgecheckt: Großes Problem dabei: die Zähne.
„Gleichzeitig organisieren wir Badehosen für das Schwimmbad, Kleidung und andere notwenige Dinge“, berichtet Kaste. Mancher Jugendliche brachte nichts weiter mit als die Kleidung am Körper. Kaste hofft hier auf weitere Hilfe.

Aber eines bringen alle mit: Bildungshunger. „Die erste Frage von den Jugendlichen war, wann sie in die Schule gehen dürfen“, erzählt Kaste. Ihr Schulbesuch wird gerade vorbereitet. Für einige Jugendliche dauert das wohl zu lange: „Gleich in den ersten Tagen kamen fünf Flüchtlinge mit einer Einkaufstüte aus der Innenstadt zurück.“ Deren Inhalt: ein Deutschbuch.  Zum Selbstlernen.
 

Inobhutnahme

Inobhutnahme bezeichnet die vorläufige Aufnahme und Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen in einer Notsituation durch das Jugendamt. Sie dient dem Kinderschutz und ist eine pädagogische Maßnahme. Seit 2010 werden auch minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen und in Pflegefamilien oder Heimen untergebracht.


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