Quantcast
Channel: KirchenZeitung
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5035

Dunkle Wolken über Havanna

$
0
0
Papstbesuch in Kuba

Es ist nicht nur eitel Sonnenschein auf Kuba: Papst Franziskus fordert mehr Freiheit für die Kirche und äußert sich indirekt zur Menschenrechtslage. Ein Treffen mit Regimekritikern wurde allerdings verhindert - Polizisten verhafteten die Oppositionellen.

Unter den Augen des Revoluzzers Camilo Cienfuegos feierte Papst Franziskus auf dem Platz der Revolution in Havanna eine Messe. Foto: kna-bild

Dunkle Wolken ziehen über Havanna, als Franziskus seine Ansprache auf dem Rollfeld des Flughafens hält. Donnergrollen untermalt seine Worte. Dienstbare Herren in schwarzen Anzügen halten schwarze Regenschirme für den Notfall bereit. Das große Donnerwetter bleibt Kubas Staatspräsident Raul Castro am Samstag noch erspart. Aber Franziskus lässt bereits zu Beginn seiner Kuba-Reise keinen Zweifel daran, dass auf der Karibikinsel auch nach der Annäherung an die USA längst nicht alles eitel Sonnenschein ist. 

Mit klaren Worten mahnt er nach seiner Ankunft mehr Freiheiten für die katholische Kirche im Land an, die nach wie vor Schikanen ausgesetzt ist. Die Kirche müsse in Freiheit und mit den notwendigen Mitteln und Freiräumen ausgestattet sein, um die christliche Botschaft bis an die Ränder der Gesellschaft zu bringen. Konkrete Beispiele muss Franziskus für die Kubaner, die seine Rede im Fernsehen verfolgen konnten, nicht nennen: Renovierungen und Neubauten von Kirchen werden vom Regime ebenso behindert wie der kirchliche Zugang zum Internet und das katholische Bildungswesen. 
 

Verhalten freundliche Begrüßung

Überschwänglich wie zuvor in anderen lateinamerikanischen Ländern fiel die Begrüßung des Papstes auf Kuba nicht aus; sie blieb verhalten freundlich. Große Massen fanden sich an den Straßen nicht ein. Diese Erfahrung machte 2012 auch schon Benedikt XVI. auf der Karibikinsel. Nach Angaben von Vatikansprecher Federico Lombardi versammelten sich rund 100.000 Schaulustige, um Franziskus im offenen Papamobil zu sehen. Andere Beobachter setzten die Zahl wesentlich niedriger an. 

Umso mehr legte sich Castro ins Zeug. Er nutzte die Begrüßung des hohen Gastes, um die Welt davon zu überzeugen, dass Franziskus mit seiner Kapitalismuskritik und seinem Kampf gegen Armut jetzt lediglich das entdeckt habe, was Bruder Fidel Castro und seine Revolutionäre schon vor mehr als 50 Jahren forderten. Castros' Botschaft: Der Papst ist auf der Seite der Revolution. Einschränkungen der Religionsfreiheit stritt der Präsident ab. Man praktiziere sie als ein "geheiligtes Recht unserer Verfassung". Franziskus machte einen fast missmutigen Eindruck, während er seinem Gastgeber lauschte.

Dass Franziskus nicht gewillt ist, sich derart vor den sozialistischen Karren eines Castro oder anderer linkspopulistischer Staatschefs in Lateinamerika spannen zu lassen, machte er am Sonntag deutlich. Die christliche Sorge für den Mitbruder dürfe "nie ideologisch" verstanden werden, sagte er bei seiner Messe auf dem "Platz der Revolution" in Havanna. Hierbei gehe es nicht um Ideen, sondern um Personen. Die mehr als 100.000 Gottesdienstbesucher dürften gewusst haben, wen und was er damit meinte.

 

Papst plante Treffen mit Regimekritikern

Eine kleine Sensation am Sonntagabend: Franziskus ist als erster Papst offenbar bereit, sich auf Kuba mit Regimekritikern zu treffen. Dieser Versuch ist jedoch vorerst gescheitert. Kubanische Oppositionelle berichteten, die Polizei habe zwei ihrer Wortführer auf dem Weg in die Nuntiatur abgefangen und verhaftet. Vatikansprecher Federico Lombardi bestätigte nur, das Treffen sei geplant gewesen, dann aber nicht zustande gekommen. Ein "Treffen im engen Sinne" sei nicht geplant gewesen; nur eine kurze Begegnung sollte es sein, erklärte er. Warum diese dann letztlich nicht zustande kam, sei ihm nicht bekannt. 

Eine solche Begegnung war im offiziellen Reiseprogramm nicht vorgesehen. Auch Franziskus' Vorgänger, Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013), trafen sich auf Kuba nicht mit Dissidenten. Der Grund liegt auf der Hand: Rücksichtnahme auf das kommunistische Regime des Landes. Das reagiert beim Thema Menschenrechte nach wie vor äußerst empfindlich.

Bereits von Havanna aus sandte der Papst auch Signale nach Washington, wo er am Dienstag erwartet wird. Nach seiner erfolgreichen Vermittlung zwischen den verfeindeten Staaten forderte er nun die Politiker beider Seiten auf, den "Prozess der Normalisierung der Beziehungen" fortzusetzen und "all seine Möglichkeiten zu entfalten". Damit dürfte nicht zuletzt die völlige Aufhebung des Handelsembargos durch die US-Regierung in Washington gemeint sein. Kurz vor dem Papstbesuch hat sie bereits eine Lockerung der Einfuhrverbote angekündigt. Mit Spannung darf man erwarten, ob Franziskus das Thema auch in seiner Rede vor dem US-Kongress in Washington ansprechen wird.

kna


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5035