Quantcast
Channel: KirchenZeitung
Viewing all articles
Browse latest Browse all 5035

Nichtigkeit einer Ehe

$
0
0
Fakten-Check

Papst Franziskus hat angekündigt, die kirchlichen Ehenichtigkeitsverfahren vereinfachen und verkürzen zu wollen. Ein Fakten-Check.

Papst Franziskus hat das Ehenichtigkeitsverfahren reformiert. Foto: kna-bild

Worum geht es in einem Ehenichtigkeitsverfahren? 
Ein solcher Prozess soll klären, ob eine Ehe, die nach Überzeugung des betroffenen Paares gescheitert ist, aus Sicht des Kirchenrechts womöglich nie bestanden hat. Es geht hierbei also nicht um die Gründe des Scheiterns im Verlauf einer bestehenden Ehe, sondern nur um die amtliche Feststellung, ob die Ehe überhaupt gültig geschlossen wurde. Angestrengt werden solche Prozesse etwa von Katholiken, die eine neue Verbindung eingegangen sind und erneut kirchlich heiraten wollen.  

 

Welche Gründe gibt es für eine Nichtigkeit der Ehe? 
Die mit Abstand häufigste Begründung für eine Ehenichtigkeit sind in Deutschland und den meisten anderen Ländern die sogenannten Ehewillensmängel. Sie liegen dann vor, wenn jemand zwar vor dem Traualtar das Ja-Wort gibt, aber wesentliche Elemente einer Ehe nach katholischem Verständnis von vornherein ausschließt.  

Wenn zum Beispiel ein Partner den Bund fürs Leben mit der Einstellung eingeht "Wenn es nicht gut läuft, dann lassen wir uns eben scheiden", wird dies als Ausschluss der Unauflöslichkeit der Ehe gewertet; in Deutschland gehört dies zu den am häufigsten festgestellten Ehewillensmängeln. Ein ebenfalls häufig attestierter Mangel ist der Ausschluss von Kindern. Auch wer von Anfang an nicht bereit ist, treu zu sein und auf außereheliche Affären zu verzichten, hat laut Kirchenrecht keinen ausreichenden Ehewillen.  

In der deutschen kirchlichen Rechtspraxis spielen außerdem psychische Eheunfähigkeit, Furcht und Zwang sowie Irrtum und Täuschung eine Rolle. Auch Formfehler können zur Ehenichtigkeit führen. Dazu zählt etwa das Fehlen von Trauzeugen bei der Eheschließung. Gleiches gilt, wenn ein evangelischer und ein katholischer Partner in einer evangelischen Kirche heiraten und zuvor keine Ausnahmegenehmigung des Bistums eingeholt haben. Solche Formfehler werden in Deutschland allerdings weniger häufig geltend gemacht. 

 

 

Warum kann eine Ehe für nichtig erklärt werden, obwohl die Ehe nach katholischem Verständnis unauflöslich ist? 
Nach katholischem Verständnis kann eine Ehe nur durch den Tod aufgelöst werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Sie muss kirchenrechtlich gültig geschlossen sein; sie muss vollzogen sein - die Partner müssen also nach der Eheschließung Geschlechtsverkehr gehabt haben, und es muss sich um eine Ehe von zwei Getauften handeln. 

 

Gibt es eine "katholische Scheidung"? 
Nur in zwei sehr eng umschriebenen Ausnahmefällen kennt das Kirchenrecht die Möglichkeit, eine bestehende Ehe aufzulösen: einmal dann, wenn die Ehe gültig geschlossen, aber noch nicht geschlechtlich vollzogen wurde; zweitens, wenn es sich nach katholischem Verständnis nicht um eine sakramentale Ehe handelte, also mindestens ein Partner ungetauft war. 

 

Wie läuft ein Ehenichtigkeitsverfahren ab? 
Ehenichtigkeitsverfahren werden von den Kirchengerichten der Bistümer geführt. Sie sind nicht öffentlich. Die Parteien begegnen sich vor Gericht nicht persönlich, sondern werden einzeln angehört. Das betreffende Paar oder der antragstellende Partner müssen Zeugen und Dokumente vorbringen, die eine Nichtigkeit der Ehe belegen können. Das erstinstanzliche Urteil muss bisher von einer zweiten Instanz bestätigt werden, bevor es rechtskräftig wird. Dafür werden in Deutschland in der Regel bis zu zwei Jahre veranschlagt. Weichen die Urteile voneinander ab, wird der Fall an das oberste Ehegericht der Kirche überwiesen, die römische Rota im Vatikan. 

 

Welche wesentlichen Neuerungen hat Franziskus jetzt eingeführt? 
Der Papst hat die Verfahren erheblich vereinfacht und abgekürzt. Künftig (ab 8. Dezember) soll es für Fälle, in denen die Nichtigkeit offensichtlich erscheint, ein stark verkürztes Verfahren geben. Es soll nach spätestens 45 Tagen abgeschlossen sein und kann nur vom Ortsbischof geführt werden. Eine weitere wesentliche Neuerung ist, dass künftig die Bestätigung des Urteils durch eine zweite Instanz nicht mehr notwendig ist. Die Maximaldauer eines Prozesses soll so auf ein Jahr reduziert werden. Beschleunigt werden sollen die Verfahren auch dadurch, dass sie künftig von einem Richter allein geführt werden können. 

 

Was bedeutet die Reform der Ehenichtigkeitsverfahren für die bevorstehende Bischofssynode über Ehe und Familie? 
Eine kirchenpolitische Einordnung ist schwierig. Denn sowohl "konservative" als auch "fortschrittliche" Bischöfe und Kardinäle hatten sich für eine Beschleunigung von Ehenichtigkeitsprozessen ausgesprochen. In der Debatte um die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion verwiesen deren Gegner bislang regelmäßig darauf, dass Geschiedene die Möglichkeit eines Ehenichtigkeitsverfahrens noch zu wenig nutzten. Allerdings räumten auch sie ein, dass es unrealistisch sei, damit das Problem des pastoralen Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen ganz aus der Welt schaffen zu wollen.

kna


Viewing all articles
Browse latest Browse all 5035