Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Deutschland. Doch: Abschotten geht nicht - die Zuwanderung muss geregelt werden, schreibt Ulrich Waschki in seinem Kommentar.
Die Erfahrungen dieser Tage und Wochen zeigen: Abschotten geht nicht. Keine abgeriegelte Grenze, kein Zaun, keine Mauer wird Flüchtlinge davon abhalten, nach Europa, oder besser in den reichen Norden Europas, zu drängen. Die Festung Europa wird immer löchrig bleiben. Vielleicht ist das auch gut so. Denn die Abschottung vor den Flüchtlingen ist nicht nur unmöglich, sie ist auch zutiefst unfair, unsolidarisch und unchristlich.
Was wir derzeit erleben, ist ein Desaster. Menschen sterben. Sie sterben, weil sie ein besseres Leben suchen. Und sie es bei uns erhoffen. Die Mahnungen von Papst Franziskus auf Lampedusa vor zwei Jahren haben Schlagzeilen gemacht, verändert haben sie nichts. Das Mittelmeer wird zum Friedhof, die Grenzen Europas zum Todesstreifen.
Jetzt gilt es, viele Dinge gleichzeitig anzupacken: Die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge, die gerechte Verteilung in Europa, der Kampf gegen menschenverachtende, geldgierige Schleuser. Und in Deutschland steht – allerdings schon lange – eine Aufgabe an: Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz.
Deutschland kann sich nicht abschotten, den Zuzug nur auf Menschen beschränken, die vor Krieg und Verfolgung fliehen und im strengen Sinne Anrecht auf Asyl bei uns haben. Denn das Wohlstandsgefälle in der Welt bleibt. Wer will es Familien etwa aus dem Kosovo verübeln, dass sie zu uns kommen wollen, weil sie hier selbst als Hilfsarbeiter besser leben können als in ihrer Heimat und vor allem eine Perspektive für ihre Kinder auf Bildung, Ausbildung und Arbeit bekommen?
Natürlich ist es richtig und notwendig, die Bedingungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verbessern. Auch da müssen wir helfen. Doch das dauert. Also brauchen wir schon jetzt einen Weg, um legal nach Deutschland zu kommen. Ein Ventil, das den Einwanderungsdruck senkt. Und genau dazu kann ein Einwanderungsgesetz helfen. Viel zu lange haben linke Multikulti-Naivität und konservative Einwanderungsverweigerung zu einem Stillstand in dieser Frage geführt. Einwanderung kann geregelt werden – wer darf kommen? Welche Integrationshilfen und -forderungen gibt es? Dann kann man auch mögliche negative Folgen in den Griff bekommen. Einwanderung ist eine Frage der Gerechtigkeit und Solidarität – unseren Reichtum müssen wir teilen. Und unsere Gesellschaft profitiert dabei sogar noch: Sie wird bunter, offener – und jünger. Arbeitsmarkt und Sozialsysteme brauchen die Zuwanderung.
Von Ulrich Waschki