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Der gute Weg ins Fegefeuer

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Ausstellung im Osnabrücker Diözesanmuseum

Unvorbereitet zu sterben, war eine große Sorge für die Menschen im Mittelalter.  Darum versuchten sie, ein gottgefälliges Leben zu führen. Und hofften, dass fromme Menschen sie aus dem Fegefeuer herausbeten – auch davon erzählt eine Ausstellung im Osnabrücker Diözesanmuseum.

Skelett
Eine mit einem Skelett bestickte Kasel aus dem Benediktinerstift Kremsmünster, die vom Priester noch heute getragen wird. | Foto: Museum

Für die Menschen im Mittelalter war der Tod allgegenwärtig. Jederzeit konnte es jeden treffen. Die Kindersterblichkeit war hoch, viele Mütter starben bei der Geburt eines Kindes oder im Wochenbett, eine Lungenentzündung konnte tödliche Folgen haben. Kriege, die Pest und Hungersnöte kamen als Bedrohung hinzu. Also waren die Menschen darauf eingestellt, jederzeit gewappnet zu sein. Sie sorgten sich um ihr Seelenheil und trafen Vorkehrungen. Bilder und Bücher zum Thema „Ars moriendi“, der Kunst des Sterbens, vermittelten eine Art Gebrauchsanweisung.

Beispiele für solche Darstellungen des guten Sterbens sind zusammen mit weiteren Objekten, darunter einigen Totentanzdarstellungen, derzeit im Diözesanmusem in Osnabrück zu sehen. Die Ausstellung trägt den Titel „Im Angesicht des Todes. Begegnung zwischen Schicksal und Hoffnung“ und erläutert den Umgang mit dem Tod im Mittelalter bis zur frühen Neuzeit um 1500.

 

Vorbereitung auf die Sterbestunde ist vielen Menschen heute fremd

So sei es im Mittelalter sehr wichtig gewesen, in der Sterbestunde das Richtige zu tun, erläutert Friederike Dorner vom Diözesanmuseum, die die Ausstellung verantwortet und das Konzept dazu entwickelt hat. Dabei tauchte sie in Themen ein, die vielen modernen Menschen fremd seien. Heutzutage seien nur noch wenige Menschen direkt mit dem Sterben befasst, darunter Rettungskräfte, Krankenhauspersonal oder Hospizmitarbeiter, sagt Dorner. Im Mittelalter dagegen sei der Tod im Alltag sehr präsent gewesen.

Davon zeugen einige Ausstellungsstücke, die den Betrachtern der Schau sofort ins Auge fallen. Da ist zum einen eine Leihgabe aus Österreich, eine Kasel aus dem Stift Kremsmünster, die heute noch vom Priester getragen wird am Tag des Totengedenkens für den Stiftsgründer Tassilo. Diese aufwendig gestickte Kasel zeigt ein Skelett und fällt den Besuchern sofort auf, weil sie im Mittelpunkt des Raumes steht.

Eine andere Stickereiarbeit mit Darstellungen verschiedener Totenfiguren gehört dem Diözesanmuseum selbst. Auf dem Stoff ist der Tod als Verstorbener  mit einem Sarg über der Schulter oder als Sensenmann zu sehen, der Vertreter aller Stände abholt: Der Tod bittet zum Tanz, unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung des Menschen. Solche Darstellungen, kurz Totentanz genannt, waren im Mittelalter recht verbreitet und gemahnten die Lebenden daran, sich ihrer Sterblichkeit bewusst zu sein.
 

Leichenpredigt
Die erste Seite einer Leichenpredigt für Cornelia von Knaust. Die Frau wurde in
St. Marien bestattet. | Foto: Andrea Kolhoff

In der Ausstellung werden verschiedene Beispiele gezeigt, unter anderem Bilder der Totentänze von Basel, Lübeck, Paris und Reval. Aber auch eine heutige Version des Künstlers Hans Thomann: Er hat eine Installation aus neun Einzelfiguren zum Thema Totentanz angefertigt.

Da der Tod jeden treffen konnte, musste sich ein jeder auf seine Sterbestunde vorbereiten. In den mittelalterlichen Büchern zum schönen Sterben waren Abbildungen enthalten, die wie in einer kleinen Comicgeschichte zeigen, was auf den Todkranken zukommen kann und wie er sich verhalten soll. Es sei klar gewesen, „dass er seinen Geist ganz und gar auf Gott ausrichten muss“, erläutert Friederike Dorner.

Auf den Bildern wird gezeigt, wie der Sterbende im Bett liegt und der Teufel verschiedene Versuchungen anbietet: „Anfechtung im Glauben, Anfechtung in der Verzweiflung, Anfechtung durch Ungeduld, durch Hochmut, durch weltliche Dinge wie den Besitz – Haus, Weinkeller, Pferd, Familie“, zählt Dorner auf. Andere Bebilderungen in dem Buch zeigen Engel, die dem Sterbenden Beistand leisten und helfen, die Anfechtungen zu überstehen.

Auch für die Sterbebegleiter, die sich am Bett des Sterbenden versammeln, gab es Hinweise: welche Psalmen sie beten sollten, welche Bibelstellen sich eignen, welche Gebete gesprochen werden können und wie der Sterbende ermuntert werden ­es kann.

Nach dem Tod des Betroffenen waren dann andere für ihn aktiv: Angehörige und Mönche beteten für das Seelenheil des Toten. Es gab Orden, die sich auf das Bestattungswesen konzentriert hatten, zum Beispiel die Dominikaner und die Franziskaner. Die Ordensbrüder übernahmen das Waschen der Leichen und andere Aufgaben, die heutzutage Bestatter erledigen.

Eine gewisse Frömmigkeit gehörte zum Alltag. Nicht nur in Klöstern, sondern auch in Hausgemeinschaften war das Stundengebet verbreitet. Allmählich wurde das Beten der Psalmen aber vom Rosenkranzbeten abgelöst. In der Ausstellung werden einige Rosenkränze gezeigt, die zum Einsatz kamen und mit denen zum Beispiel die Verstorbenen aus dem Fegefeuer herausgebetet wurden. „Das nannte man richtig so“, sagt Dorner.

Ein Wandel in der Sterbekultur ergab  sich mit der Reformation. Denn während die Sterbenden im Mittelalter noch davon ausgingen, dass sie zunächst ins Fegefeuer kommen würden – nur Heilige landeten direkt im Himmel –, veränderte sich diese Vorstellung bei vielen Menschen evangelischen Glaubens. Ein Beten für arme Seelen im Fegefeuer war überflüssig geworden. Die Protestanten gingen davon aus, dass sie durch die Gnade Gottes in den Himmel aufgenommen würden, ohne den Umweg über das Fegefeuer.

 

Eine gute Sterbestunde sorgt für Erwähnung in einer Leichenpredigt

Es war aber auch für Protestanten wichtig, dass der Geist des Sterbenden bis zuletzt auf Gott ausgerichtet war. „Es geht um das ruhige und selige Sterben“, erläutert Dorner. Auf Gemälden aus der Zeit liegt der Sterbende ruhig da, hat vielleicht seine Angehörigen um sich versammelt. Er war angehalten, seine Angelegenheiten zu regeln, ein Testament zu machen, die Kinder noch einmal zu ermahnen, christlich zu leben. Das Ziel: Eingestimmt sein auf das Wort Jesu, versöhnt sterben. Wem dies gelang, der wurde in sogenannten Leichenpredigten als gutes Beispiel hervorgehoben.

Leichenpredigten – das waren kleine Bücher, die sich im Barock zu einer eigenen Literaturgattung entwickelten und von manchen Menschen gesammelt wurden. Sie schilderten zunächst den Lebenslauf des Verstorbenen, nannten seine Verdienste, vor allem aber, wie fromm er war und wie sich dies in seinem Leben äußerte. Dann wurde die Sterbestunde beschrieben. Leichenpredigten gab es über Männer und Frauen, sofern sie eine gewisse gesellschaftliche Stellung hatten. In der Ausstellung sind einige Beispiele für Leichenpredigten zu sehen.

Von Andrea Kolhoff

 

Die Ausstellung „Im Angesicht des Todes“  ist bis 25. Juni in Osnabrück, Domhof 12, zu sehen, dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Gruppen  buchen Führungen unter 05 41/31 84 81,
E-Mail: museum@bistum-os.de


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