Unterschrift ist nur noch Formsache: Die syrisch-orthodoxe Gemeinde wird die Kirche Heilige Dreifaltigkeit in Braunschweig pachten. Darauf freut sich auch die Familie Holewa aus Wolfenbüttel.
![]() |
Dennis und Elisabeth Holewa feiern im Gemeindesaal der Kirche Heilige Dreifaltigkeit Kindergeburtstag. Foto: Thomas Dogan. |
Antiochia – eine der wichtigsten Städte der Heiligen Schrift. Hier wurde die erste christliche Gemeinde außerhalb Jerusalems gegründet – und hier liegen die Wurzeln der syrisch-orthodoxen Kirche. Zu biblischen Zeiten gehörte Antiochia zur römischen Provinz Syria. Heute heißt die Antakya – und liegt in der Türkei. Doch umfassten die syrisch-orthodoxen Christen schnell weite Bereiche des ebenfalls in der Heiligen Schrift erwähnten Zweistromlandes zwischen Euphrat und Tigris. Türkei und Syrien, aber auch Libanon, Jordanien, Irak und Iran – das sind die Heimatländer vieler Syrisch-Orthoxer.
200 Mitglieder in der Region Braunschweig
Oder Deutschland: Wie bei Dennis Holewa. Der 37-Jährige lebt mit seiner Frau Elisabeth (geborene Dogan) und den beiden Söhnen Marcus (2 Jahre) und Lucas (5 Wochen) in Wolfenbüttel. Und die ganze Familie freut sich auf ein besonderes Ereignis. An diesem Sonntag, 28. August, feiert die syrisch-orthodoxe Gemeinde mit ihren gut 200 Mitgliedern in der Region Braunschweig und Wolfenbüttel zusammen mit der katholischen Gemeinde St. Bernward ein Fest.
Es ist gewissermaßen ein Versprechen auf Zukunft: Die syrisch-orthodoxe Gemeinde wird mit der Kirche Heilige Dreifaltigkeit ein Gotteshaus von St. Bernward pachten. Auf 30 Jahre. Ein Vertrag mit dem Bistum Hildesheim ist unterschriftsreif. Bereits seit zwei Jahren nutzen die syrisch-orthodoxen Christen die Kirche. „Das ist ein Traum seit 30 Jahren“, beschreibt Elisabeth Holewa die Aussicht auf ein eigenes Gotteshaus: „Unsere Gemeinde ist schon lange hier, wächst stetig und was uns immer fehlte, war der Anker.“ 1979 sind ihre Eltern aus der Südosttürkei nach Deutschland gekommen. Die heute 34-Jährige und ihre sechs Geschwister wurden alle in Wolfenbüttel geboren. Inzwischen lebt schon die dritte Generation der Familie Dogan hier. Ihren Ehemann hat Elisabeth Holewa während der Studiums kennengelernt. „Ich bin quasi der Integrierte“, sagt Dennis Holewa, der aus Gifhorn stammt. Vor der Heirat ließ er sich nach syrisch-orthodoxem Ritus taufen.
Die Sprache von Jesus wird in der Liturgie gesprochen
„In den Medien hört man so wenig über uns, weil wir so positiv integriert sind“, meint Elisabeth Holewa. Die Frage nach der Nationalität spiele bei syrisch-orthodoxen Christen weniger ein Rolle. Sie sehen sich als Aramäer, als Christen der orientalischen Kirchen. Aramäisch, die Sprache, die auch Jesus Christus gesprochen hat, ist bis heute ihre Liturgiesprache.
„Wir freuen uns, wenn wir einen Aramäer sehen, egal woher er kommt“, betont Jakob Dogan, der Vater von Elisabeth Holowa. Vier bis fünf Flüchtlingsfamilien kommen bereits regelmäßig zum Gottesdienst in die Heilige Dreifaltigkeit. Gemeindemitglieder unterstützen die Neuankömmlinge bei Behördengängen, der Wohnungssuche, helfen beim Übersetzen und wollen Ansprechpartner für Fragen aller Art sein, erklärt der 59-Jährige. Das sei auch schon in vergangenen Jahrzehnten bei vereinzelt kommenden Familien so gewesen.
Für viele Aramäer war es ein Traum in ein Land wie Deutschland mit Glaubensfreiheit zu gelangen, berichtet Dennis Holewa von Gesprächen mit zahlreichen Aramäern in ganz Deutschland. „Man kann seine Sprache hier ohne Strafe sprechen, seine Religion ausüben, Kreuze offen tragen, hier läuten am Sonntag die Kirchenglocken“, zählt Holewa die positiven Erfahrungen seiner Glaubensbrüder auf, die er immer wieder zu hören bekommt.
An diesem Sonntag trifft sich um 10 Uhr die syrisch-orthodoxe Gemeinde in der Kirche Heilige Dreifaltigkeit (Leipziger Str. 216) zu einer Gebetsstunde. Gegen 11 Uhr ziehen dann die katholischen Christen ein. Gemeinsam wird ein Gottesdienst in deutscher und aramäischer Sprache gefeiert. Danach gibt es ein großes Fest. Mittendrin: die (Groß-)Familie Holewa-Dogan.
Sabine Moser
In Deutschland zählt die syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien schätzungsweise 100 000 Mitglieder. Sie gehört zur Familie der altorientalischen Kirchen und geht auf die Gründung der Gemeinde in Antiochien durch den Apostel Petrus zurück. Liturgiesprache ist bis heute das Aramäische. Im Kloster St. Jakob von Sarug in Warburg (Westfalen) ist der Bischofsitz des amtierenden Oberhaupts in Deutschland Erzbischof Philoxenus Mattias Nayis. Durch gemeinsame Erklärungen von 1971 und 1984 verstehen sich die syrisch-othodoxe und die römisch-katholische Kirche als Geschwisterkirchen.
Infos im Internet unter: www.syrisch-orthodox.org