Angeheizt statt abgewürgt: Die Debatte um ein Verbot der Burka ist nicht einfach mit einem "Basta" zu beenden.
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Schützt ein Burka-Verbot vor terroristischen Anschlägen oder ist es populistisches Gerede? Foto: kna-bild |
"Man kann nicht alles verbieten, was einem nicht gefällt". Mit diesem Satz hätte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) wohl gern schon am vergangenen Donnerstag einen Schlussstrich unter die Debatte über ein mögliches Burka-Verbot gezogen. Dies sei verfassungsrechtlich fragwürdig - und außerdem gebe es sicher wichtigere Themen in der Sicherheitspolitik. Letzteres sagte der Minister zwar nicht; doch seine Schwerpunktsetzung bei der Präsentation legt diese Lesart zumindest nahe.
Das mehr oder weniger deutliche Basta bei der Burka hat die Diskussion über die Vollverschleierung allerdings eher angeheizt als abgewürgt. Am Wochenende erneuerte de Maiziere selbst im "Tagesspiegel" seine Absage. Er habe mit vielen Verfassungsrechtlern gesprochen; der Großteil halte ein allgemeines Verbot für nicht verfassungsgemäß.
Rückendeckung erhielt der Minister von den unterschiedlichsten Seiten: Selbst Bundespräsident Joachim Gauck gab im ZDF die präsidiale Zurückhaltung in tagespolitischen Fragen auf und sagte, mit de Maizieres Kurs könne er gut leben. Man müsse immer genau hinschauen, woher eine Bedrohung komme und ob sie die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten rechtfertige.
SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte im Deutschlandfunk, er sei froh, dass de Maiziere "diesen Überbietungswettbewerb mit Symbolthemen wie Burka-Verbot" nicht mitmache. "Ich persönlich finde die Burka auch schrecklich", ergänzte er. Aber ein Verbot würde "Frauen nur aus dem öffentlichen Raum heraus verdrängen; die dürften dann ihr Zuhause nicht mehr verlassen. Und es hilft uns auch nicht im Kampf gegen Terror."
Opposition: Populistische Symbolpolitik
Dass Politiker von Grünen und Linken von populistischer Symbolpolitik sprachen, ist wenig überraschend - ebenso wenig wie die Warnung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), vor Symboldebatten: Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Attentätern und einer Burka, und betroffenen Frauen helfe "dieses Gerede" nicht.
Eine etwas andere Note brachte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, in die Debatte. Er kritisierte im rbb eine "Burkaisierung der Innenpolitik". In Deutschland seien kaum Frauen vollverschleiert unterwegs, ergänzte er - und ließ sich auf eine Wette ein: "Einen Kasten Ayran, dass niemand in Deutschland mehr als fünf Burka-Trägerinnen insgesamt auffindet." Ayran ist ein joghurthaltiges Erfrischungsgetränk aus dem Kaukasus und Anatolien. Wie viele Frauen ein Burka-Verbot tatsächlich beträfe, ist nicht bekannt. Verschleierung wird nirgends statistisch erfasst.
Erste Reaktionen über Twitter und Facebook ließen natürlich nicht lange auf sich warten: Mazyek solle nur mal für eine Stunde nach Offenbach, Berlin-Neukölln, Bonn-Bad Godesberg oder Hamburg-Sankt Georg kommen, um nur wenige Beispiele zu nennen - und er käme aus dem Zählen nicht mehr heraus.
Unterschiedliche Formen von Verschleierung
Es zeigte sich aber auch deutlich, dass die unterschiedlichen Formen der Verschleierung in der Debatte munter durcheinandergeworfen werden: vom Kopftuch Dschihab über Niqab und Tschador bis zur Komplettverhüllung mit der Burka. Andere verwiesen auf die am Wochenende aus den Fängen des IS befreite Stadt Manbij: Dort würden Frauen ihre Burkas demonstrativ verbrennen, während sich in Deutschland überwiegend Männer gegen ein Burka-Verbot aussprächen.
Natürlich gab es aber auch Männer, die sich klar für ein Verschleierungsverbot aussprachen: "Keine Toleranz gegenüber der Intoleranz", forderte etwa CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Das Tragen der Burka sei "mit Sicherheitsrisiken verbunden, die man nicht unterschätzen sollte".
Islamwissenschaftler Bassam Tibi nannte ein Burka-Verbot "eine kluge politische Maßnahme gegen Abschottung in Parallelgesellschaften, für eine Integration im Sinne von Inklusion muslimischer Migranten und für die Sicherheit". Auch prominente CDU-Politiker wie Jens Spahn und Frank Henkel sind weiter für ein Vollverschleierungsverbot, ebenso die Gewerkschaft der Polizei. Es bleibt also spannend vor dem Treffen de Maizieres mit den Unions-Innenministern Ende der Woche. Denn genau die hatten ja das Burka-Verbot ins Gespräch gebracht.
kna