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Digitale Mission

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Bistum Augsburg startet Internetportal zum offenen Meinungsaustausch über den Glauben

Der offene Meinungsaustausch gehört nicht unbedingt zur Kernkompetenz der Kirche. Doch genau diese Lücke will „Credo Online“ schließen. Auf der Internetplattform können sich ab sofort Menschen über ihren Glauben und den Zweifel daran unterhalten.

Ulrich Lindl
Foto: Bistum Augsburg

Für einen Geistlichen kommt Pfarrer Ulrich Lindl ungeheuer schnell und zielgerichtet zur Sache. Auf die Frage, warum seine Diözese mit dem Portal „Credo Online“ am 1. Juli eine globale Plattform zum Austausch über Glaubensfragen gestartet hat, sagte er dem Webreporter: „Die Leute gehen heute nicht mehr zuerst zum Pfarrer, die gehen ins Internet und suchen sich dort ihre Antworten zusammen“. Mit dem Dialogportal will er – mit seinen beiden Mitstreitern Thomas Weifenbach und – Raphael Schadt - zudem eine Forderung von Papst Benedikt aus dem Jahr 2009 umsetzen, und den „digitalen Kontinent“ missionieren. „Das Internet ist ja kein luftleerer Raum, sondern ein Ort, in dem Menschen ganz real zusammen kommen“, sagt Lindl, der beim Bistum Augsburg die Hauptabteilung III „Kirchliches Leben“ leitet.

Weniger Dogma, mehr Privates

Seit Juli auf "Sendung"

Credo heißt aus dem lateinischen übersetzt „ich glaube“. Und genau so ist die Seite. Hier steht weniger das Dogma, als vielmehr der persönliche Glauben im Zentrum. „Aber auch den Fragen dahinter wird Raum gegeben“, erklärt Lindl. Schließlich habe ja jüngst sogar Papst Franziskus eingeräumt, dass er hin und wieder Zweifel hege. 

Herzstück ist der Blog und der Meinungsaustausch

Herzstück der Plattform ist ein Blog, in dem alle zwei Tage neu, mehr als 30 verschiedene Autoren– darunter Laien wie Priester - schreiben. Sogar Bischof Konrad Zdarsa will mitmachen. Da das World Wide Web „grenzenlos“ ist, gibt es auch bei Credo Online nicht nur Stimmen aus Augsburg, sondern aus New York, Damaskus, Jerusalem, Rumänien und Ruanda. Bewusst verzichtet werden soll auf der Plattform auf eine Moderation der Beiträge. Nur beleidigende oder strafrechtlich fragliche Kommentare werden gelöscht. „Das Ganze soll viral sein“, sagt Lindl. Bisher habe sich die Kirche im Internet „oft zu vorsichtig bewegt“.

Autoren aus aller Welt (Foto: Screenshot wwww.credo-online.de)

Tatsächlich steht der Mensch, die persönliche Meinung, das Private in den Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter, in denen Credo bereits vor einigen Wochen gestartet ist, im Zentrum. Da filmt sich mal ein Pärchen überglücklich vorm Petersdom in Rom und erklärt, dass für sie die Formulierung „Gemeinschaft der Heiligen“ im Zentrum des Glaubensbekenntnisses stehe. Eine andere Frau wiederholt vor ihrer Selfie-Kamera einfach nur den Namen „Jesus Christusch“ im breitesten schwäbisch. In einem Beitrag für „kath.net“ feierte der Schriftsteller Alexander Pschera den Blog aufgrund seiner Offenheit bereits als „digitalen Lichtblick“. Bisher seien die Internet-Auftritte der Kirche eher ein Trauerspiel gewesen.

Obwohl Credo Online im sogenannten Magazin auch Orientierung zu Glaubensfragen geben möchte, geht es den Machern nicht so sehr ums theologisch Korrekte, sondern vor allem ums Mitmachen. In einer virtuellen Kapelle können die User Gebetsanliegen hinterlassen, die dann wiederum an Ordensgemeinschaften weitergegeben werden. Das Portal hat bewusst keine spezielle Zielgruppe, sondern richtet sich an jung und alt gleichermaßen und ist damit im besten Wortsinne katholisch (allumfassend). „Wir suchen die Gottsucher und jene, die Gott erlebt haben“, sagt Lindl. Und sein Mitarbeiter Thomas Weifenbach - ein Marketingexperte, der auch Theologie studiert hat - ergänzt, es gebe heute viele Menschen, die einen lebendigen Glauben hätten, aber nicht zu den klassischen Kirchgängern zählten.  Genau die sollen nun abgeholt werden.

Ihr Webreporter Andreas Kaiser


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