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„Geh’ doch lieber zur Caritas“

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Vollversammlung des Diözesanrates berät über Aufwertung der Sozialberatung der Caritasverbände

Mehr Stunden und mehr Geld für die Allgemeine Sozialberatung der Caritas. Dafür will sich der Diözesanrat der Katholiken einsetzen.

Mehr Stunden, mehr Geld, mehr Vernetzung: Der Diözesanrat der Katholiken will sich für die Aufstockung der Sozialberatung der Caritas einsetzen. Foto: Wala

Das Leben gerät aus den Fugen: Krankheit, Streit, Trennungen, Arbeitslosigkeit. Die Geldsorgen nehmen zu, Miete oder Strom können nicht mehr bezahlt werden, die kaputte Waschmaschine kann nicht mehr repariert werden. „Genau hier setzt die Arbeit der Allgemeinen Sozialberatung der Caritas an“, erläutert Diözesancaritasdirektor Dr. Hans-Jürgen Marcus auf der Vollversammlung des Diözesanrates der Katholiken in Goslar.

Die offenen Sprechstunden der Sozialberatung bieten die erste Hilfe, die Menschen in sozialen Notlagen benötigen: Sei es, um Post von Ämtern zu verstehen, Anträge auf Wohngeld oder Arbeitslosengeld II auszufüllen. Oder um weitergehende Unterstützung zu vereinbaren: Verhandlung mit Krankenkassen, Schuldner- oder Erziehungsberatung.

Sozialberatung nur bei Diakonie und Caritas

„Ein solches Angebot halten nur noch Diakonie und Caritas vor“, betont Marcus. Denn die Sozialberatung ist nicht wie andere Dienste der Wohlfahrtsverbände öffentlich finanziert. Das Geld kommt überwiegend aus dem Globalzuschuss, mit dem das Bistum aus Kirchensteuermitteln die Arbeit der Caritas unterstützt.

Die Caritas steht nun vor zwei Herausforderungen: Die Anfragen nehmen zu und das Sozialrecht ist zunehmend komplizierter geworden. Vor allem Familien mit mehreren Kindern und Menschen im Grundsicherungsbezug nutzen das Angebot. Was heute als Grundsicherung bezeichnet wird, hieß früher Armenhilfe. Mehr und mehr junge Leute kommen in die Sprechstunden. Von denen sei häufig zu hören, „dass andere Beratungstellen ihnen nicht helfen könnten und sie mal zur Caritas gehen sollen“, berichtet der Caritasdirektor.

Trotzdem ist der Anteil der Stunden für die Sozialberatung in den Ortscaritasverbänden im Bistum gesunken – auf durchschnittlich 9,25 Stunden pro Verband. „Das bereitet uns Sorge“, betont Marcus.

Schließlich war es gerade dieses Angebot zur Alltagsbewältigung, das die Cariats in die Weite des Bistums gebracht hat. „Die Hildesheimer Diözesansynode 1968/69 hat seinerzeit beschlossen, in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ein Caritassekretariat einzurichten“, erinnert Marcus. Zuvor gab es Verbände in den größeren Städten und die Gemeindecaritas: „Doch gerade in den Gemeinden wurde die Erfahrung gemacht, dass man vielen Menschen nicht allein an der Pfarrhaustür helfen kann.“

Die Cariatssekretariate wurden mit einer Stelle für einen Sozialarbeiter und einer halben Stelle für eine Verwaltungskraft ausgestattet. Ihre vorrangige Aufgabe: allgemein sozial zu beraten und die Gemeindecaritas zu unterstützen.  Daraus haben sich zum Teil große Caritasverbände mit unterschiedlichsten Diensten und Angeboten entwickelt – je nach politischen Gegebenheiten und sozialen Herausforderungen.

800  000 Euro sind für mehr Sozialberatung nötig

Jetzt will die Caritas wieder an den Grundauftrag der Diözesansynode anknüpfen. Im März hat Marcus deshalb einen Brief an Bischof Norbert Trelle geschrieben. Der Inhalt: die Bitte, die Sozialberatung von 9,35 Stunden pro Verband auf 30 Stunden aufzustocken. Das kostet Geld – nach Berechnungen der Caritas einen Betrag von knapp 800  000 Euro, der möglichst zum Haushaltsjahr 2018 freigegeben werden soll. Der Anteil der Caritas am Bistumshaushalt beträgt derzeit drei Prozent.

„Natürlich kennen wir die finanzielle Situation des Bistums“, stellt Marcus heraus. Doch trage gerade die Sozialberatung der Caritas zur Glaubwürdigkeit der Kirche bei: „Die Option für die Armen wird in den Sprechstunden der Gemeindecaritas deutlich.“

Das sieht auch der Diözesanrat so – und will sich für das Anliegen der Caritas einsetzen. In Arbeitsgruppen ließen sich die Mitglieder des Rates die gesellschaftliche Bedeutung, die Finanzierung und die Perspektive der Sozialberatung erläutern.

Das Ergebnis der Beratungen: Das Aufstocken des Angebotes wäre eine wichtige sozialpolitische Initiative der Kirche – gerade in Zeiten, in denen die zunehmende Schere zwischen Arm und  Reich gesellschaftliche Gegensätze verschärft: „Die Caritas ist ein Seismograf für die soziale Situation in Niedersachsen“, hieß es in der Diskussion.

Zudem erhofft sich der Diözesanrat eine bessere Verknüpfung der Gemeindecaritas mit den professionellen Diensten des Wohlfahrtsverbandes. Armut werde häufig versteckt oder überspielt. Das Zusammenspiel aus Ehren- und Hauptamt trage dazu bei, Menschen in Notsituationen auch wirklich zu erreichen. Und nicht zuletzt wäre die Aufstockung im von Papst Franziskus ausgerufenen Jahr der Barmherzigkeit ein „starkes Zeichen des Bistums“.

Rüdiger Wala


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