Vergangene Woche fällte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil zum Thema Vaterschaft. Ein schwieriger Fall für Kinder, Männer und Frauen in der postmodernen Gesellschaft. Zu Himmelfahrt und Vatertag ein Blick auf den Vater – und die Sehnsucht nach ihm.
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Eine der wichtigsten Erfahrungen eines Menschen: Getragen und beschützt werden vom Vater. Foto: kna-bild |
Eine Frau, inzwischen im Rentenalter, treibt bis heute die Frage um, ob ein knapp 90-Jähriger ihr leiblicher Vater ist. Sie will ihn zu einem DNA-Test zwingen. Nein sagte das Bundesverfassungsgericht vergangene Woche. Der Grund: Es geht in dem Fall nicht um rechtliche Vaterschaft; zudem könnte ein positiver DNA-Test starke negative Folgen für die Familie des 90-Jährigen sowie die Familie der Frau haben.
Die Frage nach dem (leiblichen) Vater wird mit Reproduktionsmedizin und Patchworkfamilien zunehmend komplexer. Wird sie nicht ehrlich beantwortet, entstehen bei Kindern Unsicherheiten und Lücken. Unterschiedlich groß und bedrückend, aber es gibt sie, belegen Studien und Interviews. „Das Schlimmste ist die Ohnmacht, wenn man nichts über seine Wurzeln weiß“, sagt eine 35-Jährige, die mittels einer Samenspende gezeugt wurde. Solche Unsicherheiten und Lücken haben viele weitere Gründe: Zeugung unter Gewalt, weil die Mutter den wahren Vater verheimlicht oder weil der Vater die Familie verlassen hat.
Am kommenden Donnerstag, dem Fest Christi Himmelfahrt, wird in Deutschland auch Vatertag oder Herrentag gefeiert. In vielen anderen Ländern feiern Menschen den Vatertag am Josefstag, dem 19. März, oder an einem Sonntag im Juni – und weniger mit feucht-fröhlichen Umtrieben, sondern als Familienfest mit Geschenken, ähnlich dem Muttertag.
Das Fest Christi Himmelfahrt steht für die endgültige Heimkehr Jesu Christi zu Gott. „Bibelzitate“. Von Gott hat Jesus mit keinem Wort so oft gesprochen wie mit den Begriffen „Vater“ und „Liebe“.
„Mein Vater umhüllt mich wie ein warmer Mantel“
Über die menschliche Vaterliebe sagt der Heidelberger Arzt und Psychotherapeut Victor Chu: „Vaterliebe ist, neben der Mutterliebe, das Kostbarste auf der Welt.“ „Sie ist für jedes Kind unersetzlich und sein ganzes Leben lang ein wichtiger Begleiter.“ Deswegen ist es so schlimm, wenn sie fehlt.
Seine eigene Entwicklung zum Vater vierer Kinder und sein Verhältnis zum eigenen Vater beschreibt er so: „Je näher ich meinem Vater innerlich kam, desto leichter wurde mir mein eigenes Vatersein … Mein Vater … umhüllt mich wie ein warmer Mantel. Dies gibt mir Sicherheit und Selbstvertrauen. Ich spüre seine Vaterliebe und kann diese Liebe an meine Kinder weitergeben.“
Was Chu hier beschreibt, trifft im Grunde das, was Jesus über sein Verhältnis zum Vater im Himmel und zu seinen Jüngern sagt. Wie die ersten Christen durch Jesus Gottes Liebe zu den Menschen erfahren haben. Vaterliebe ist kein Patriarchat, dem es an Respekt und Liebe für Mutter und Kind fehlt. Und sie ist mehr als aufpassen, disziplinieren und bezahlen. Vaterliebe, so Chu, ist der Gipfel der Männlichkeit: Sie verlangt Entschlossenheit, Geduld und Durchhaltevermögen. Dem liebenden Vater schenkt sie größte Erfüllung. Dem Kind – und sei es noch so alt – stillt sie eine tiefe Sehnsucht.
Von Roland Juchem