Es ist die vielleicht umstrittenste App dieser Zeit: Mit „Peeple“ können Menschen andere Menschen bewerten: Den Mitschüler, die Putzfrau oder auch den (ehemaligen) Liebhaber. Nach viel Kritik ist die App jetzt in einer entschärften Version an den Start gegangen. Doch die Aufregung im Netz ist noch immer – und das vollkommen zu recht – riesengroß. Das liegt vor allem an einer geplanten „Wahrheitslizenz“.
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Peeple-Gründerinnen Cordray und McCullough (Bildschirmfoto von "forthepeeple.com") |
Die Idee ist so simpel wie schlecht. Eine Art – Bewertungssystem für Menschen wollten die Macher von Peeple - Julia Cordray und Nicole McCullough - schaffen. So wie im Internet, zum Beispiel über das Portal Yelp bereits seit Jahren Restaurants, Hotels, Dönerbuden, Kfz-Werkstätten oder Arztpraxen bewertet werden können, sollte das künftig auch für Menschen möglich sein. „Die Leute betreiben so viel Recherche, wenn sie sich ein neues Auto kaufen.“ Warum sollte das nicht auch für andere Lebensbereiche gelten? Als zweifache Mutter wolle sie schließlich wissen, welcher Person, welchem Babysitter sie ihre Kinder anvertraue, sagte McCullough einmal im Interview. Trotz solcher beschönigender Umschreibungen war die Aufregung im Netz nach nur einem Zeitungsartikel in der Washington Post im vergangenen Herbst riesengroß. Vor allem in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook hagelte es Kritik. Von einer neuen, besonders widerwertigen Form des Mobbings war die Rede.
Experten sind sich sicher: Peeple macht Mobbing leicht
Daraufhin überarbeiteten die Damen ihr Angebot zwar gehörig. So müssen die Menschen in der Version, die vor wenigen Tagen in Nordamerika auf den Markt gekommen ist, ihrer Bewertung auf Peeple erst einmal zustimmen, bevor diese veröffentlicht wird. Auch sind anonyme Bewertungen – anders als geplant – vorerst nicht möglich (die Anmeldung funktioniert nur nach Angabe eines Facebook-Profils und einer Telefonnummer). Doch wer einmal genauer hinschaut, der begreift schnell, dass die Applikation ihre Faszination noch immer daraus bezieht, hier künftig einmal gehörig über seinen Nächsten herzuziehen… Allein schon der Name der App macht klar, worum es hier eigentlich geht. So steckt in dem Wort "Peeple" ja nicht nur das (falsch geschriebene) englische Wort "People" (übersetzt: Menschen, Leute, Volk), sondern auch - wie in Peep-Show - das Verb „to peep“, was so viel meint wie spionieren, linsen, spannen, Schlüssellochgucken.
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Werbung für die Peeple-App (Bildschirmfoto: forthepeeple.com) |
Zu allem Überfluss kündigte das Peeple-Team zum Markt-Start ihrer App eine kostenpflichtige Aboversion an, auf der dann eine „Truth License“ (Wahrheitslizenz) enthalten sein soll. Nutzer dieser verschärften Peeple-Variante können dann alle „Empfehlungen“ einsehen, die jemals über ihre Zielperson verfasst wurden. Unabhängig davon, ob sie auf deren Profilseite steht oder nicht. Dieser besondere, sozusagen unzensierte Zugang erlaube Nutzern, bessere Entscheidungen über die Leute in der Umgebung zu fällen, meinen die Entwickler, und behaupten pappdreist, sie hätten von der massiven Kritik im Herbst gelernt. Doch neben dem vielsagenden Namen lässt auch die Ankündigung von „Truth License“ Zweifel an diesen PR-Geblubber aufkommen. Ganz offensichtlich geht es Cordray und McCullough vor allem ums Geld. Nicht um den Menschen. Die Süddeutsche Zeitung nannte Peeple ob seiner Intention erst jüngst ein „Pranger-Portal“.
App erntete Sturm der Empörung in den Sozialen Netzwerken
Auch im Netz sind die Reaktionen auf die App bisher und Gott sei Dank doch recht eindeutig. Das Ganze sei „eine schreckliche Idee. Hier wird eine Plattform geschaffen, wo möglicherweise Unschuldige verleumdet und beleidigt werden“, schreibt ein Nutzer in Apples App-Store. Ein anderer User wiederum meint „diese App ist gefährlich“ und fordert, das Angebot müsse umgehend aus dem Store verbannt werden. Auch bei vielen Softwareentwicklern und Gründern ist die Skepsis groß. „Diese App macht mich nervös. Hetze im Netz und Hasskommentare sind ohnehin schon riesige Probleme, für die wir bislang noch keine Lösung gefunden haben“, sagt stellvertretend für viele ihrer Kollegen Nyika Allen, die Leiterin des angesehenen New Mexico Technology Council.
Dieser Einschätzung ist - auch aus christlicher Sicht - nicht viel hinzuzufügen. Das Beste an Peeple ist, dass die App bisher nur in Nordamerika und nicht Europa an die Kunden ausgeliefert wird. Einer Diskussion auf Twitter zufolge haben inzwischen sogar die in Sachen Datenschutz nicht unbedingt vorsichtigen Betreiber von Google (und dem Play-Store für Android-Telefone) Bedenken an der App angemeldet. Könnte also gut sein, dass wir von diesem organisierten Mobbing-Mist noch einmal verschont bleiben, hofft
Ihr Webreporter Andreas Kaiser