Zur weiteren Bearbeitung der Flüchtlingskrise vertagt sich die EU, nationale Regierungen gehen eigene Wege. Die Kirche wirbt derweil für kühle Köpfe, warme Herzen und zupackende Hände.
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Zäune, Sammelstellen, Kontingente - Europas Politiker tun sich schwer mit Lösungen. Eines ist klar: In Aleppo, auf dem Mittelmeer und in Flüchtlingsheimen und deren Nachbarschaft geht es immer um Menschen. Foto: imago |
Anfang vergangener Woche trafen sich bei Wien Bischöfe und Migrationsexperten aus 20 Ländern des Nahen Ostens, des Balkans und der EU. Auf Einladung von Bischof Ägidius Zsifkovics, Eisenstadt/Burgenland, berieten sie konkrete Maßnahmen, um „die dramatische Entwicklung der Flüchtlingskrise auf einen christlichen Weg der Humanität zu bringen“. Zsifkovics ist der für Migrationsfragen zuständige Bischof der Kommission der EU-Bischöfe (COMECE).
Kurz zuvor hatte Wiens Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn noch gefordert: „Ehrlichkeit brauchen wir, keine billigen Parolen. Hass und Ängste schüren, hat noch nie geholfen.“ Dringend notwendig ist der Appell, jetzt da Europa Mauern hochfährt – an Staatsgrenzen wie in Köpfen. So ist der Satz des Papstes auf dem Rückflug nach Mexiko nicht allein in Richtung USA zu verstehen: „Jemand, der nur daran denkt, Mauern zu bauen, wo auch immer die sein mögen, und keine Brücken zu bauen, ist nicht christlich.“
In Europa sind nicht nur Regierungen uneins, auch unter den Bischöfen, so ist zu hören, rumort es. Während die Kirchen in Deutschland mit die letzten sind, die zu Angela Merkels Politik stehen, schlagen sich Kirchenvertreter in Polen, Tschechien und Ungarn auf die Seite ihrer Regierungen. Allenfalls verhalten erinnern einzelne daran, dass „die wohlhabenderen Nationen verpflichtet sind, so weit es ihnen irgend möglich ist, Ausländer aufzunehmen, die auf der Suche nach Sicherheit und Lebensmöglichkeiten sind, die sie in ihrem Herkunftsland nicht finden können“ – so der Katechismus.
Bischöfliche Leitlinien für Flüchtlingsarbeit
Keine Frage: Unter denen, die sich zwischen Irland und Griechenland, Portugal und Finnland für Flüchtlinge und eine konstruktive Lösung der Krise einsetzen, sind viele Christen und kirchliche Organisationen. Für die über 5000 haupt- und 100 000 ehrenamtlichen kirchlichen Helfer in Deutschland hat die Bischofskonferenz während ihrer jüngsten Vollversammlung Leitlinien beschlossen.
Demnach will die Kirche ihre bisherige Arbeit ausweiten und zugleich „das Wohl der gesamten Gesellschaft und insbesondere die … benachteiligten Menschen in unserem Land im Blick“ haben. Gemeint sind Wohnungsbau, bes-sere berufliche Qualifikation von Flüchtlingen, medizinische und psychotherapeutische Versorgung Asylsuchender und Hilfe für alleinreisende Kinder und Frauen.
Allerdings, so ist aus einzelnen Bistümern zu hören, werden die für Flüchtlingsarbeit bereitgestellten Gelder nur wenig abgerufen. Auch der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU zur Unterstützung von Städten und Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen, wird wenig genutzt. Am Geld also liegt es nicht. Gefragt sind von Christen vielmehr Besonnenheit, Warmherzigkeit und gegenseitiges Vertrauen.
Von Roland Juchem
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