Selten ist in Deutschland so viel über den Tod diskutiert worden wie in den letzten Monaten. Wie wollen wir als Gesellschaft mit Menschen am Lebensende umgehen? Diese Frage beschäftigte vergangene Woche den Bundestag.
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Die erloschene Kerze - ein Symbol für das Lebensende. Foto: istock |
Es gibt Situationen im Leben, in denen kann man wahrscheinlich nur verlieren. Wenn etwa der Partner schwerkrank ist, unerträglich leidet und bittet, ein tödliches Medikament zu besorgen. Egal, wie man sich entscheidet, man entscheidet sich falsch.
Der Bundestag hat darauf verzichtet, Menschen Strafen anzudrohen, die Angehörigen bei der Selbsttötung helfen. (Nicht nur) für viele Christen wäre ein gesetzliches Verbot der Suizidbeihilfe ohnehin nicht nötig. Aus unserem Glauben heraus ist der Suizid kein gangbarer Weg. Aber viele Menschen in unserer Gesellschaft sehen das anders. Ihnen können wir unseren Glauben nicht aufzwängen. Und deshalb hat der Bundestag richtig entschieden – obwohl einige Bischöfe und organisierte Lebensschützer wie etwa der Bundesverband Lebensrecht den Beschluss kritisierten. „Es ist richtig, dass unsere Rechtsordnung zum Drama der Selbsttötung schweigt“, sagte dagegen Gesundheitsminister Gröhe.
Positiv an dem Beschluss ist vor allem, dass er Organisationen von Suizidhelfern verbietet. Ob nun ehrenamtlich oder kommerziell – was wäre das für ein Land, wo man sich zusammenschließt, um anderen zu helfen, das Leben zu beenden? Ein Blick nach Belgien und die Niederlande reicht, um zu sehen, wohin diese falsch verstandene Liberalität führen kann. Diese Länder haben Diskussionen über Hilfe bei der Selbsttötung längst hinter sich. Aktive Sterbehilfe ist erlaubt, sogar für Kinder!
Der richtige Weg: Sterbende gut versorgen
Der Bundestag hat mit seiner Entscheidung klargemacht: Der Suizid als Ausweg aus unerträglichem Leid ist keine normale Handlungsoption. Er ist vielleicht ein nicht zu verhindernder Ex-tremfall, eine Ausnahme, aber darf nicht zur gesellschaftlichen Normalität werden. Deswegen haben sich die Abgeordneten auch dagegen entschieden, Ärzten Suizidbeihilfe ausdrücklich zu erlauben. Und deswegen haben sie einen Tag zuvor ein Gesetz zur Verbesserung von Hospiz- und Palliativversorgung beschlossen.
Denn das ist der richtige Weg: kranke und sterbende Menschen so gut zu versorgen, dass niemand einsam und unter qualvollen Schmerzen sterben muss. Dazu hat die Diskussion der vergangenen Monate beigetragen. Früher war oft zu viel Medizin im Spiel, ging es darum, Menschen um jeden Preis zu therapieren, herauszuholen, was Technik und Medikamente hergaben. Heute weiß man, dass man einem Menschen unter Umständen mehr hilft, wenn man auf manche Behandlung am Lebensende verzichtet. Indem man den Menschen so sterben lässt, lässt man der Natur ihren Gang, hilft dem Sterbenden aber auf menschliche Weise, diesen natürlichen Gang zu ertragen.
Dieser Weg ist eine Hilfe für Angehörige und Freunde. Für sie ist es entlastend, am Ende sagen zu können: „Es ist alles gut!“, und nicht mit Zweifeln und Schuld leben zu müssen, weil sie dazu beigetragen haben, dass ein geliebter Mensch sich umbringt.
Von Ulrich Waschki