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Priester auf ewig

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Das Priesterbild im Hebräerbrief

Auserwählt vom Höchten selbst, fähig, auch die Irrenden zu verstehen. So beschreibt der Hebräerbrief was einen Priester und seinen Dienst auszeichnet. Hat Gott hier einen Prototypen für das Amt des Priesters vor Augen? 

Auch heute beruft Gott seine Diener: Priesterweihe von Franziskaner-Minoriten in Jerusalem. Foto: kna-bild

Der Erfurter Dompropst Gregor Arndt hat den Text aus dem Hebräerbrief nie als Gebrauchsanleitung für den priesterlichen Dienst verstanden. Im Gegenteil. Als Arndt vor 31 Jahren Priester wurde, war er ihm sogar sehr fremd. „Ich kein Hohepriester“, sagt er. Mein Priestertum ist untrennbar verbunden mit Jesus Christus.“ Das Amt des Priesters vereint deshalb für ihn zwei wichtige Punkte: der Dienst an Jesus Christus und der seelsorgerische Dienst an den Menschen. Ein Priester, der ausschließlich an den Menschen dran sei, könne auch Sozialarbeiter sein und umgekehrt: Wer nur auf die Liturgie ausgerichtet sei und dabei die Menschen vergesse, werde Christus nicht gerecht. 

Doch auch wenn Gregor Arndt nicht der „Hohepriester“ der Lesung ist: Anregungen für seinen Dienst hält der Text schon bereit.

 

„Denn jeder Hohepriester wird aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott, um Gaben und Opfer darzubringen.“

„Als ich begann, mich zu fragen, ob ich diesen Lebensweg einschlagen will, wusste ich gleich: es geht ums Ganze“, erinnert sich der 59-Jährige. Er habe sich nicht direkt auserwählt gefühlt, aber angesprochen und angezogen von diesem Dienst. Die Herausforderung habe ihn gefordert und er habe „ja“ gesagt. Wenn er den Text lese, so Arndt, dann stärke dieser sein Selbstbewusstsein, weil er zeige, dass jeder Priester in einer langen Kontinuität stehe und auf besondere Weise mit Christus, der Kirche und den Menschen verbunden sei. „An mir klebt sozusagen das Logo Jesus Christi und das macht mich stolz“, so Arndt.

 

Er ist fähig für die Unwissenden und Irrenden Verständnis aufzubringen, da auch er der Schwachheit unterworfen ist.

Mit den Sorgen und Nöten anderer konfrontiert zu sein, ist auch für einen Seelsorger nicht immer leicht. Und auch nicht immer weiß dieser einen Rat. „Doch wenn ich versage“, betont Arndt, „dann habe ich die Gewissheit, dass Gott eine größere Phantasie hat als wir Menschen und auch dann noch Brücken bauen kann, wo Menschen versagen. Das ist für mich ungeheuer tröstlich!“

 

Und keiner nimmt sich eigenmächtig diese Würde, sondern er wird von Gott berufen, so wie Aaron.

Die Erwartungen an einen Menschen, der gleichzeitig Priester ist, sind immer groß. „Für mich steht immer als erstes die Frage im Raum: was würde Jesus jetzt machen“, so Gregor Arndt. Er selbst habe bei seiner Arbeit einen hohen Anspruch an sich und die Erwartungen der Gemeinde und Kollegen seien nicht minder groß. Das sei nicht nur eine große Herausforderung für jeden, der in diesem Dienst stehe. „Daraus ergeben sich auch immer wieder Schwierigkeiten, die die Gefahr mit sich bringen, dass man scheitert.“ Darum ist es für Arndt ein großer Trost zu wissen: Keiner, so sagt es der Hebräerbrief, nimmt sich diese Würde eigenmächtig, sondern jeder ist berufen.

 

Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks.

Mit dem Begriff vom Hohepriester kann Gregor Arndt wenig anfangen. „Das war und ist mir zu archaisch. Und nicht nur das. Es birgt für mich die Gefahr, der Arroganz und Selbstbetonung.“ Das trenne den Priester von den Menschen. Melchisedek dagegen, von dem die Rede ist, reichte Abraham die Hand und segnete ihn. „Das symbolisiert für mich die Eigenschaft des Priesters als Friedensstifter. Eine Friedenstradition, in der auch Christus steht und wir als seine Diener.“

Für Arndt macht der Text des Hebräerbriefes aber nur Sinn, wenn man als Hohepriester Jesus Christus einsetze. „Bei der Kreuzigung Jesu zerriss der Vorhang im Tempel. Das ist für mich eine klare Zäsur. Es gibt keinen Hohepriester mehr wie im Alten Bund. Eine neue Art des Priestertums hat sich entwickelt. Der Hohepriester ist Jesus Christus.“ Und seine Person müsse in jedem Priester sichtbar werden. Dabei hätten die Sakramente, so Arndt, „eine große Strahlkraft“ und zeigten den Menschen, „wer Gott ist und was er mit uns vorhat“.

Gregor Arndt ist seit 31 Jahren Priester und inzwischen Dompropst sowie Domkapitular in Erfurt. Heute weiß er ganz genau, was wichtig ist, und worauf er achten muss, damit sich der priesterliche Dienst und sein Leben verbinden lassen und gelingen können. „Wer unermüdlich für die Menschen arbeitet, der begibt sich in Gefahr, ausgebrannt, enttäuscht und überfordert zu werden. Es bedarf fester Zeiten der Ruhe, des Gebets und der Besinnung, um Gott nah zu bleiben und auch Kraft zu schöpfen. Außerdem fühle ich mich getragen von der ganzen Christenheit, einem weltweiten Netz, dass im täglichen Stundengebet vereint ist. Das gibt eine ungeheure Kraft“, erklärt Arndt. 

Der Text des Hebräerbriefes, mit dem Arndt anfangs wenig anzufangen wusste, wächst ihm mit den Jahren immer mehr zu. Doch eine Erkenntnis von damals ist bis heute geblieben: „Gott hat keinen Prototypen für das Amt des Priesters. Gott nutzt die Verschiedenheit seiner Diener, um zu den Menschen vorzudringen.“

Von Diana Steinbauer


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