Neun von zehn Deutschen sind im Netz
Deutschland wird immer digitaler. Mittlerweile nutzen rund 90 Prozent das Internet. Das sind noch einmal sechs Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Während Videoportale wie YouTube eher verlieren, legen Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime bei jungen Leuten zu. Das sind die wohl wichtigsten Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie, die die öffentlich-rechtlichen Sender jüngst vorgelegt haben.
Die nackten Zahlen sind beeindruckend. Während bei der ersten Onlinestudie von ARD und ZDF im Jahr 1997 gerade mal 6,5 Prozent der Deutschen das Internet nutzten, waren es im laufenden Jahr bereits 89,8 Prozent (ab 14 Jahren wohl bemerkt). Bei der alljährlich telefonisch durchgeführten Befragung zeigte sich zudem ein überraschender Trend. Der Konsum von Videos online stagniert insgesamt. Zugleich aber erfreuen sich Streamingdienste wie Netflix vor allem bei der jungen Zielgruppe (14 bis 29 Jahre) immer größerer Beliebtheit und haben hier dem klassischen Fernsehen den Rang abgelaufen.
Auch die Reichweite der Nutzung von Audiodiensten stieg zuletzt um satte 13 Prozentpunkte auf insgesamt 46 Prozent. Dies ist vor allem auf die Musik-Streamingdienste wie Spotify zurückzuführen, die um neun Prozentpunkte auf 19 Prozent zulegten. Zudem hören auch immer mehr Menschen ihren Lieblingssender online. Doch das ist längst noch nicht alles. Die Medienforscher von ARD und ZDF haben erkannt, dass viele Deutsche sich ihrer Internetnutzung gar nicht mehr bewusst sind. Wer über sein Smartphone eine Whatsapp-Nachricht schreibt oder mit Freunden über den Messenger von Facebook verbunden ist, verbucht das das eher als private Kommunikation, denn als Netznutzung…
Insgesamt führen mobile Geräte zu einer immer häufigeren und längeren Internetnutzung. Da braucht es nur eine kurze Wartezeit an der Ampel, an der Kasse im Supermarkt oder beim Arzt im Wartezimmer - und schon wird das Smartphone gezückt. Fast jeder dritte Deutsche überbrückt selbst kürzere Wartezeiten inzwischen mit seinem mobilen Internetzugang. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren das nur 18 Prozent.
14- bis 29Jährige sind täglich durchschnittlich 4:34 Stunden im Netz
Insgesamt surfen die Deutschen durchschnittlich 149 Minuten täglich im Internet, also knapp zweieinhalb Stunden. Auch hier ist die Tendenz steigend mit einem Plus von 21 Minuten im Vergleich zum Vorjahr. Männer sind demnach gut zwei Stunden online (2:05 Stunden), Frauen fast drei Stunden (2:55). Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen verbringt der Studie zufolge mehr als viereinhalb Stunden am Tag im Netz (4:34). Das deckt sich übrigens mit meinen privaten Beobachtungen. Wenn ich auf dem Bürgersteig mal mit jemand zu kollidieren drohe, der seinen Blick nur noch starr aufs Handy anstatt auf den Gehweg oder Mitmenschen richtet, sind das fast immer – sorry Mädels! - junge Frauen. Bei älteren Menschen zwischen 50 und 69 Jahren beträgt die tägliche Verweildauer nur etwas mehr als anderthalb Stunden.
Die meiste Zeit im Netz verwenden die Deutschen laut der Studie, die im Internet auch als umfassendes PDF-Dokument vorliegt, für Online-Einkäufe, „einfaches Herumsurfen“ und Spiele. Rund eine Stunde pro Tag entfällt auf die Individualkommunikation etwa per Whatsapp oder andere Kurznachrichten-Dienste. Eine dreiviertel Stunde wenden die Deutschen täglich im Schnitt für die Online-Mediennutzung auf.
„Unter den klassischen Mediatheken liegen diejenigen von ARD und ZDF mit jeweils etwa 20 Prozent monatlicher und etwa zehn Prozent wöchentlicher Reichweite vorn. Die Onlineangebote der Privatsender RTL, Sat.1 und ProSieben kommen auf deutlich geringere Reichweiten und platzieren sich damit auch hinter den zusammengefassten Mediatheken der dritten Programme der ARD“, notierte jüngst der Berliner Tagesspiegel.
Mit Blick auf die Altersgruppen fällt auf: Vor allem bei Älteren sind Shopping und Spiele beliebt. Die 14- bis 29-Jährigen dagegen nutzen die meiste Onlinezeit für mediale Inhalte.
Ihr Webreporter Andreas Kaiser